Hunderte Grindwale werden noch immer jedes Jahr bei der Treibjagd auf den Färöer Inseln getötet. Die Einheimischen nennen diese Jagd «Grindadráp». Dabei werden die zur Art der Delfine gehörenden Tiere an den Strand getrieben, wo ihnen das Rückenmark mit Lanzen durchtrennt wird, und sie ausbluten.
Während Befürworter der Jagd betonen, dass die Durchtrennung des Rückenmarks den raschen Tod herbeiführe, kommt eine neue Studie zu einem differenzierteren Ergebnis. Sie stammt von Alick Simmons, der von 2007 bis 2015 stellvertretender Chefveterinär der britischen Regierung war, und wurde von der Schweizer Forschungs- und Umweltorganisation Ocean Care in Auftrag gegeben.
Das Tier ist dann zwar gelähmt, aber oftmals noch bei Bewusstsein. Andere zum Verzehr gebrauchte Tiere werden nicht so getötet.
«Obwohl der Blutkreislauf durch die Durchtrennung des Rückenmarks beschädigt wird, ist es sehr wahrscheinlich, dass noch etwas Blut zum Hirn gelangt», sagt Simmons. Das Tier sei dann zwar gelähmt, aber oftmals noch bei Bewusstsein. Und das sei nicht die übliche Art und Weise, in der andere Tiere für den menschlichen Verzehr getötet würden.
Simmons: Jagd ist «inhärent unmenschlich»
Die Anhängerschaft dieser Jagd auf den Färöern argumentiert, dass sie eine wichtige kulturelle Tradition sei. Sie werde auf den Färöer Inseln seit Jahrhunderten ausgeübt und sei für ihre Identität von essenzieller Bedeutung.
Anders sieht das Simmons. Er bezeichnet diese Art der Fischerei als «inhärent unmenschlich»: Grindwale würden aus ihrem Lebensraum in tiefen Gewässern in einer langen Hetzjagd an den Strand getrieben. «In seichten Gewässern wird ihnen dann ein Eisenhaken ins Atemloch geschlagen, um sie an Land zu ziehen und ihnen das Rückenmark zu durchtrennen.»
Die Walfänger auf den Färör Inseln machen geltend, dass ihre Art des Fischfangs im Vergleich zur industriellen Grossfischerei ökologischer sei. So würden die Delfine zum grössten Teil auf der Inselgruppe konsumiert und nicht umweltschädlich in Containern verschifft. Das Fleisch aus der Jagd stelle einen wichtigen Teil ihrer Ernährung dar.
Ocean Care sieht sich bestätigt
Die Grindwahl-Jagd auf den Färöern kritisieren Tierschutzorganisationen schon seit vielen Jahren. Die Treibjagd auf Grindwale müsse tatsächlich gesamtheitlich betrachtet werden, unterstreicht Nicolas Entrup, Leiter Internationale Zusammenarbeit bei Ocean Care. Er spricht von einem «langwieriger Prozess von Angst und Leid». Der unabhängige Veterinärmediziner Simmons bestätige, dass eine humane, rasche Tötung unter solchen Bedingungen kaum möglich sei.
Die Diskussion hat auch auf den Färöern längst begonnen. Wir hoffen, dass sie dazu führt, dass diese Jagd in absehbarer Zukunft eingestellt wird.
Entrup plädiert dafür, dass die Gesellschaften in Zentral- und Mitteleuropa ganz allgemein ihre Beziehung zum Tier hinterfragen. Ebenso die eigenen Tötungspraktiken, ob sie noch zeitgemäss sind. Die Wissenschaft habe dazu in den letzten Jahrzehnten tolle und sehr aufschlussreiche Informationen über die Meeressäuger geliefert.
«Aufgrund all dieser Daten und Fakten kommen wir zum Schluss, dass das Töten von Delfinen und Walen nicht mehr zeitgemäss ist», betont Entrup. Die Diskussion darüber habe auch auf den Färöern längst begonnen und werde hoffentlich dazu führen, dass diese Jagd in absehbarer Zukunft eingestellt werde.