Trotz Warnungen von Umweltverbänden hat die isländische Regierung diese Woche erneut eine Walfanglizenz vergeben. Begünstigter ist seit Jahrzehnten der Unternehmer Kristján Loftsson. Als Eigentümer der letzten Walfangfirma auf der Insel hält er seit Jahrzehnten beharrlich am Mythos rund um den Walfang fest, der Island einst reich machte, seit der Unabhängigkeit von Dänemark im Jahr 1944. In der Politik wird der Walfang immer wieder auch als eine Art Souveränitätserklärung hervorgehoben.
Die Walfangflotte von Loftsson, die sein Vater vor genau 80 Jahren gründete, umfasst heute nur noch zwei Schiffe, die ebenfalls in die Jahre gekommen sind. In seinen 50 Jahren als Chef ist es ihm immer wieder gelungen, Lizenzen zu ergattern. Dies allerdings mit teils langen Unterbrüchen. So etwa zwischen 1986 und 2006, als der Walfang auch auf Island ganz verboten war.
Gewiefter Lobbyist
Nun hat Loftsson die Lizenz erneut ergattert, obwohl mittlerweile fast die Hälfte der 370'000-köpfigen isländischen Bevölkerung gegen den kommerziellen Walfang ist. Doch Loftsson, als Persönlichkeit aus der Fischereiwirtschaft, ist gut vernetzt und hat auch die Mittel, um Parteien und Politiker der Unabhängigkeitspartei zu unterstützen.
Diese sorgten vor langer Zeit dafür, dass der Walfang von der Regierung nicht einfach unterbunden werden kann. Das wurde wiederholt versucht. Letztmals letztes Jahr, als eine Ministerin nach einer Klage Loftssons wegen eines Fangverbots zurücktreten musste.
Relikt aus längst vergangenen Zeiten
In der Öffentlichkeit gibt sich Loftsson ziemlich jovial und sympathisch und hat schon so manchen auf sein Schiff eingeladen. Doch auch er ist mit der Realität konfrontiert, die ihm seine Kritiker regelmässig vor Augen führen: Walfleisch ist in Island überhaupt nicht mehr gefragt, wird nach Japan exportiert und für Loftsson ist es eigentlich ein Verlustgeschäft.
Nur noch gerade ein bis zwei Tonnen Walfleisch werden heute noch auf Island verkauft und konsumiert. Gut 250'000 Tonnen waren es noch in den Siebzigerjahren. Doch Loftsson sieht sich als eine Art «letzter Mohikaner» in einer aus seiner Sicht stolzen Geschichte. Nach Loftsson wird aber wohl niemand mehr sein Handwerk auf den alten Schiffen weiterführen. Mit ihm dürfte die Epoche des Walfangs auf und rund um Island zu Ende gehen.