Die geopolitischen Spannungen wirken sich unmittelbar aus auf die weltweite Waffenproduktion. Die Nachfrage steigt erheblich. Sie tat das schon vor Beginn des Ukrainekrieges. Und nachdem die Europäer und erst recht die Amerikaner inzwischen der Ukraine für viele Milliarden Dollar Rüstungsgüter liefern, nicht zuletzt Munition, müssen sie nun ihre dadurch arg geschrumpften eigenen Arsenale wieder auffüllen.
Das Umsatzwachstum der Rüstungsmultis hätte deshalb laut Fachleuten des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri sogar noch deutlicher ausfallen können als die ohnehin schon beachtlichen 1.9 Prozent. Es wurde jedoch gebremst – vor allem durch Lieferkettenprobleme aufgrund der Corona-Pandemie.
Dazu kommt, dass nun für westliche Anbieter russische Rohstoffe wie Aluminium, Stahl, Titan oder Kupfer ausfallen. Russlands Waffenschmiede wiederum leiden unter dem Ausbleiben westlicher Halbleiter und anderer elektronischer Komponenten aufgrund der Sanktionen gegen Moskau.
Manche Konzerne, etwa Airbus oder General Dynamics, klagen zudem über Engpässe auf dem Arbeitsmarkt; sie finden zu wenig Personal. In manchen Nato-Ländern, besonders laut in den USA, wird bereits die Frage erörtert, wie lange man die Ukraine noch im selben Umfang mit Waffen und Munition beliefern kann, ohne dadurch sicherheitsbedrohende Lücken bei den eigenen Waffenvorräten zu riskieren.
US-Multis dominieren den Markt – und China
Auffallend ist: Im internationalen Rüstungsgeschäft dominieren inzwischen ganz eindeutig die US-Multis. Angeführt von Lockheed-Martin, Raytheon und Boeing besetzen sie in der globalen Umsatzrangliste die Plätze eins bis fünf. Auf Rang sieben bis zehn folgen dann ausschliesslich chinesische Hersteller. Dazwischen schiebt sich auf Platz sechs als einziger europäischer Anbieter der britische Konzern BAE Systems.
Chinas Rüstungskonzerne gehören inzwischen zu den grössten der Welt – einzig fünf US-Konzerne liegen noch vor ihnen. Aber kein einziger europäischer oder russischer. Dazu kommt: Die chinesischen Waffenanbieter haben 2021 noch erheblich kräftiger zugelegt als der weltweite Durchschnitt, nämlich um 6.3 Umsatzprozent.
Wenn es um Kriegsschiffe geht, ist nun sogar ein chinesischer Konzern, CSSC, weltweit die Nummer eins. Das zeigt, welch hohe Priorität die Führung in Peking dem Ausbau seiner Marine beimisst. Kein Land besitzt heute mehr Kriegsschiffe als China, nämlich – je nachdem, was man alles mitrechnet – gegen 700. Die USA verfügen über deutlich weniger.
Dass Peking ganz besonders in die Kriegsmarine samt Flugzeugträgern investiert, unterstreicht die chinesische Ambition, eine Supermacht auf Augenhöhe mit den USA zu sein und letztere dereinst zu überholen. Denn eine Hochseekriegsmarine dient weniger der Verteidigung des eigenen Landes, sondern ist ein Instrument, um Macht zu projizieren, rund um den Globus.
Unter den umsatzstärksten hundert Waffenschmieden figuriert mittlerweile keine einzige Schweizer Firma mehr: Die staatliche Ruag, die früher regelmässig auf der Sipri-Liste figurierte, verschwand daraus ebenso wie die Pilatus-Flugzeugwerke, die dort ohnehin bloss vereinzelt auftauchten.