Vier Bombendrohungen im Euroairport Basel in sieben Tagen. Mehr als 150 Flüge sind danach annulliert worden. Die Liste der falschen Bombendrohungen ist lang. Und sie ist französisch.
Dort haben gegenstandslose Bombenwarnungen derzeit Hochkonjunktur. Allein am letzten Freitag, dem Allerheiligen-Feiertag in Frankreich, gingen bei Sicherheitsbehörden 18 falsche Drohungen ein. Für Experten wie Dirk Baier sind dafür vor allem zwei Ursachen verantwortlich.
Flughäfen und Bahnhöfe: maximale Wirkung
«Ziele für solche Drohungen sind Orte, an denen sich viele Menschen aufhalten», sagt der ZHAW-Professor und Experte für Kriminalität und Extremismus. An solchen Orten seien maximal viele Menschen betroffen. Gleichermassen von einem Attentat wie von seiner vorgetäuschten Ankündigung. Dass sich die Drohenden in diesen Tagen fast die Klinke in die Hand drücken, ist laut Baier eine direkte Folge der aktuellen Vorkommnisse im Nahen Osten.
Zwei Tatsachen seien für die Häufung verantwortlich, sagt der Extremismusexperte. «Da ist zum einen der islamistische Terror, der jetzt durch die Geschehnisse in Gaza eine neue Welle erlebt.» Die Hamas habe ja dazu aufgerufen, jetzt auch in europäischen Staaten zum Handeln überzugehen. Der zweite Grund seien Nachahmer. «Sie merken, dass man so die Polizei auf Trab halten kann», so Baier.
Man kann mit wenigen Handgriffen die Puppen tanzen lassen.
Die islamistischen Gruppen verfolgen dabei sozialpsychologische Ziele. Sie wollen Angst und Schrecken verbreiten, der Bevölkerung signalisieren: Ihr seid nicht sicher, egal wo ihr seid.
Die Nachahmer frönen eher selbstbezogenen Zielen. Es erfülle sie mit einem Gefühl der Selbstwirksamkeit, wenn sie sehen, was sie alles auslösen können. Da stecke oft auch ein narzisstisches Element dahinter, so Baier. «Man kann mit wenigen Handgriffen die Puppen tanzen lassen.»
Junge Männer sind besonders anfällig
Gerade bei den gehäuften Bombenwarnungen in Frankreich handelt es sich oft um junge Täter. Das weiss SRF-Frankreich-Korrespondent Daniel Voll. Und es sei kein neues Phänomen. Schon nach den Terrorangriffen auf Charlie Hebdo und auf das Konzertlokal Bataclan im Jahr 2015 hätten sich die falschen Drohungen gehäuft, sagt Voll. Für die Menschen in Frankreich seien die Drohungen vor allem ein Ärgernis. Und für die jungen Täter wohl oft ein probates Mittel, den Schulunterricht zu sabotieren.
Extremismusexperte Baier von der ZHAW verweist für seine Erklärung auf kriminalpsychologische Aspekte. Im Terrorismusbereich, aber ganz allgemein in der Kriminalität seien junge Männer zwischen 15 und 30 Jahren besonders delinquenzanfällig. Sie seien ein Stück weit impulsiver, weil sie weniger zu verlieren hätten, weil sie weniger reflektierten, was sie anrichten könnten, und weil sie sich auch von anderen Personen aus ihrem Umfeld vermehrt beeinflussen liessen.
Vorerst kein Ende abzusehen
Die Situation wird sich nach Ansicht Baiers wohl erst ändern, wenn in Gaza wieder etwas Ruhe eingekehrt ist. Das sei im Moment nicht absehbar. Bis dahin aber einfach in den eigenen vier Wänden zu bleiben, hält Baier für ein fatales Zeichen.
Man solle sich nicht zu stark in seiner Freiheit einschränken lassen und weiterhin den öffentlichen Raum belegen, sagt der Experte. «Es ist ein starkes Signal an mögliche Täter, dass wir uns nicht einschüchtern lassen.»