Die Regierung Trump hat am Mittwoch neue happige Investitionskontrollen für US-Firmen beschlossen, welche mit China Handel treiben. Zudem verhaftete das US-Justizministerium erstmals einen Chinesen wegen Wirtschaftsspionage. Und Vizepräsident Mike Pence warf China Einflussnahme in den US-Wahlkampf vor.
Die USA fahren schwere Geschütze auf. Für USA-Korrespondentin Isabelle Jacobi unter anderem auch deshalb, weil sie ihre Zeit schwinden sehen, Druck auf ihren grössten Gläubiger auszuüben.
SRF News: Welches Gesamtbild ergibt sich aus dem Fahrplan der USA?
Isabelle Jacobi: Die Zeichen stehen auf Sturm. Mike Pences Rede letzte Woche erinnerte ein bisschen an programmatische Reden während des Kalten Krieges. Die Kommunistische Partei Chinas erpresse US-Unternehmen, die Filmindustrie, Universitäten, Journalisten, lokale Politiker und Beamte, sagte Vizepräsident Pence.
In Pences Rede war alles drin, um den Weg zu bereiten für eine weitere Eskalation.
Am schlimmsten sei aber die Einmischung der Chinesen in die US-Wahlen mit dem Ziel, eine Wiederwahl Präsident Trumps zu verhindern. Es war eine Breitseite direkt aus dem Weissen Haus. Pence klagte China umfassend an – sein autoritäres Regime, Menschenrechtsverletzungen, Diebstahl geistigen Eigentums, militärische Aggression. Da war alles drin, um den Weg zu bereiten für eine weitere Eskalation.
Hat Pence für eine chinesische Einflussnahme im US-Wahlkampf Belege geliefert oder ist das reine Propaganda?
Er nennt Beispiele der Meinungsbeeinflussung auf lokaler Ebene. Zum Beispiel hat China in einer Zeitung in Iowa eine Beilage gedruckt, die Trumps Handelspolitik als schädlich beschreibt. Pence sagt, China versuche die Gliedstaaten von der Regierung Trump abzuspalten. Auch die US-Geheimdienste haben sich gestern zu Wort gemeldet und reden von Manipulationen. Aber sie sagten auch deutlich: Hacking, wie durch die Russen 2016, habe es bisher nicht gegeben. Es geht meiner Meinung nach eher um chinesische PR. Die Trump-Regierung sieht darin aber eine grobe Einmischung in die US-Demokratie.
Auf der einen Seite diese verschärfte Rhetorik, auf der anderen Zölle und Investitionskontrollen für US-Firmen, welche mit China geschäften. Also gibt es durchaus auch Handfestes?
Ja, natürlich. Und es zeigt sich, dass die Zölle wahrscheinlich nur ein Pfeil im Köcher sind. US-Tech-Firmen sind nun ab November gezwungen, für jede grössere Investition in China das Okay der Trump-Regierung einzuholen. Es ist ein Grund, weshalb die Tech-Titel gestern am Börsenmarkt getaucht sind.
Und die USA setzen ihren Justizapparat in Bewegung. Gestern wurde zum ersten Mal ein chinesischer Bürger wegen Diebstahl geistigen Eigentums verhaftet. Nicht zuletzt gibt es in diesem Streit auch eine militärische Seite: US-Kriegsschiffe patrouillieren im Südchinesischen Meer öfter als zuvor. Vor zwei Wochen kam es fast zu einer Kollision mit einem chinesischen Schiff. Diesen Vorfall zitierte auch Mike Pence in seiner Rede.
Viele Experten und Beobachter rätseln darüber, weshalb die USA derart gegen China schiessen. Was soll damit bezweckt werden?
Die USA sagen, sie wollen fairere Handelsbedingungen. Sie sehen die Welthandelsorganisation WTO als unfähig an, China zu disziplinieren. Ein besonderer Dorn im Auge ist ihnen der erzwungene Transfer von Technologie. Wollen US-Unternehmen – auch europäische Unternehmen – im chinesischen Markt agieren, müssen sie ein Joint Venture mit den Chinesen eingehen.
China wird den USA auch einfach zu mächtig, vor allem im Bereich der Tech-Industrie.
Präsident Trump betont auch immer, dass er das Handelsdefizit reduzieren will. Währungsmanipulationen stehen aktuell auch wieder in der Kritik. Und China wird den USA auch einfach zu mächtig, vor allem im Bereich der Tech-Industrie wird die Konkurrenz bedrohlich. Aber man muss sagen: Eine klare Liste von Forderungen gibt es bisher nicht. Die USA und China sind derzeit ja auch nicht am Verhandeln.
Was könnte Trump davon abhalten, weiter Eskalation zu betreiben?
Dass die Börsen so empfindlich reagieren, so kurz vor den Zwischenwahlen, kann Präsident Trump nicht gefallen. Er macht zwar dafür die jüngsten Zinserhöhungen verantwortlich und prangert die Zentralbank FED an. Aber Tatsache ist: Trump kann nur so lange so scharf gegen China vorgehen, wie die US-Konjunktur anhält.
Die USA sehen das Zeitfenster schwinden, um effizient Druck auf China ausüben zu können.
China besitzt US-Schuldpapiere im Wert von über einer Billion Dollar und ist damit der weltweit grösste Gläubiger der USA. Das ist ein ziemlicher Hebel, den China da hat, wenigstens langfristig gesehen. Aber man kann es auch umdrehen und darin den Grund sehen, weshalb die USA so forsch auftreten. Sie sehen das Zeitfenster schwinden, um effizient Druck auf China ausüben zu können, das sich auf dem Weltmarkt immer stärker positioniert. Die Frage ist natürlich, was diese Vorwärtsstrategie auch die US-Wirtschaft kosten wird – und ob diese Kosten erträglich bleiben.
Das Gespräch führte Samuel Wyss.