Brasiliens ultrarechter Präsident Jair Bolsonaro hat sich den Kampf gegen die Korruption auf die Fahne geschrieben. Doch der neue starke Mann des Landes hat bereits Schwierigkeiten. Gegen einen seiner Söhne wird ermittelt – wegen Verdachts auf Korruption.
Dubiose Zahlung an Sohn und Ehefrau
Im Zentrum steht Flavio, der älteste Sohn Bolsonaros. Es geht um Zahlungen, die sein Leibwächter an ihn geleistet hat. Mutmasslich handelt sich um Bestechungsgelder, die Flavio Bolsonaro als Mitglied des Parlaments von Rio de Janeiro angenommen hat.
Die Staatsanwaltschaft hält Stimmenkauf für denkbar; die Praxis hat eine lange Tradition in Brasilien. Pikant ist, dass der involvierte Leibwächter auch einen Betrag an die Präsidentengattin überwiesen hat. Es sei nichts weiter als ein zurückbezahlter Kredit, dem er dem Polizeibeamten einst gewährt habe, beruhigt der Präsident.
Vorladungen einfach ignoriert
So oder so ist die Glaubwürdigkeit angeschlagen. Viele Bolsonaro-Wählerinnen und Wähler sind enttäuscht: Jair Bolsonaro hatte sich dem Volk als eiserner Besen verkauft, der Brasilien von der Korruption säubern werde. Bis auf ein Fernsehinterview hat Flavio Bolsonaro zu den Vorwürfen nicht Stellung genommen. Zwei Vorladungen der Staatsanwälte leistete er keine Folge.
Die Bolsonaros stehen für eine Familiensaga: Präsident Jair nennt seine Söhne nie beim Namen, sondern im militärischen Jargon «null-eins», «null-zwei» und «null-drei». Eduardo Bolsonaro, «null-drei», ist der Bundesabgeordnete mit den meisten Stimmen. Sein Bruder Flavio, also «null-eins», schaffte den Sprung vom Provinzparlamentarier in Rio in die kleine Kammer in Brasilia.
Die Familienregierung Bolsonaro
Carlos Bolsonaro, «null-zwei», ist Stadtrat in Rio und koordiniert für den Vater die Auftritte in den sozialen Netzwerken. Ideologisch ist das Trio auf derselben ultrarechten Linie wie der Vater, für den Sozialdemokratie Kommunismus ist.
Eduardo ist jener mit den grössten Ambitionen. Er hätte gern das Abgeordnetenhaus präsidiert und tritt gern als Neben-Aussenminister auf. Auch am WEF in Davos ist er dabei. Offenbar verstehen sich die Bolsonaros als Familienregierung.
Inzwischen hat der brasilianische Fernsehsender TV Globo von weiteren Zahlungen an Flavio Bolsonaro berichtet, worauf dieser beim Vater in Brasilia antraben musste. Allmählich leuchten dort die Alarmlampen.
Vizepräsident mischt sich ein
Bolsonaros Vize, ein General, befehligte den Gegenangriff und erhebt Vorwürfe an die Ermittler: Bei den Überweisungen an Flavio Bolsonaro gehe es um verhältnismässig kleine Beträge; in viel grössere Zahlungen seien linke Politiker verwickelt. Doch in diesen Fällen seien die Staatsanwälte wohl weniger stark aktiv, behauptet General Antonio Hamilton Mourão.
Auf wundersame Weise hat das oberste Gericht die Ermittlungen gegen Flavio Bolsonaro inzwischen gestoppt – vorerst provisorisch.
Offenbar lebt das alte, korrpute Brasilien auch in der Ära Bolsonaro fort – jenes Brasilien, mit dem der Hardliner aufzuräumen verspricht.