- In Brasilien hat der ultrarechte Politiker und Ex-Militär Jair Bolsonaro seinen Amtseid als neuer Staatspräsident im Kongress abgelegt.
- Zum Amtsantritt kündigte Bolsonaro einen radikalen politischen Neuanfang an. Er wolle die Regierung «säubern» und mit der Korruption Schluss machen.
- Die Ureinwohner Brasiliens befürchten zudem, dass er im Amazonasgebiet Schutzzonen aufheben und den Regenwald weiter abholzen lassen wird.
In der Hauptstadt Brasilia haben zehntausende Anhänger die Vereidigung des neuen Staatspräsidenten Jair Bolsonaros mitverfolgt. Ein ungewöhnlich starkes Sicherheitsaufgebot beschützte den früheren Armeehauptmann; 12'000 Soldaten, darunter Scharfschützen und Truppen mit Luftabwehrkanonen standen bereit.
Das grösste Land Lateinamerikas steht vor einer bedeutenden konservativen Wende. Die Staatschefs links regierter Länder wie Kuba, Nicaragua und Venezuela blieben von den Feierlichkeiten ausgeschlossen.
«Brasilien über alles, Gott über allem»
Vor der Vereidigung im Kongress war der 63-Jährige Bolsonaro gemeinsam mit seiner Ehefrau Michelle in einem offenen Rolls Royce durch die Hauptstadt gefahren. Seine Anhänger skandierten dabei seinen Wahlkampfslogan: «Brasilien über alles, Gott über allem.»
Anfang September letzten Jahres war Bolsonaro im Wahlkampf mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt worden. Seine Wahl erfolgte Ende Oktober, in einem von Korruption, Arbeitslosigkeit und Kriminalität schwer gezeichneten Land. Unterstützt hatten den 63-jährigen vor allem das Finanzkapital, die Grossgrundbesitzer und Millionen von Anhängern evangelikaler Freikirchen.
Konservative Wende
Sein Regierungsprogramm knüpft nahtlos an die radikalen Postulate im Wahlkampf an: Bolsonaro erklärte, er werde per Dekret – also am Parlament vorbei – den unbescholtenen Bürgern den Waffenerwerb erleichtern.
Um gegen die hohe Kriminalität vorzugehen, möchte Bolsonaro auch die Strafmündigkeit auf 16 Jahre herabsetzen. Ausserdem ist vorgesehen, die Regeln für den Schusswaffengebrauch durch Polizeikräfte zu lockern. Bolsonaro setzt sich auch dafür ein, dass an den Schulen das Lehrmaterial vom «marxistischen Müll» gesäubert wird.
Neue Akzente gibt es auch in der Aussenpolitik: Unter Bolsonaro schwenkt Brasilien zu einem betont israelfreundlichen Kurs und wird seine Botschaft dem Beispiel der USA folgend ins geteilte Jerusalem verlegen. Als Hauptlieferant von Rindfleisch in die arabische Welt setzt er aber ein 13-Milliarden-Geschäft aufs Spiel, wenn es danach zu Repressalien kommen sollte.
Regenwald in Gefahr
Grosse Sorge bereitet der neue Präsident der indigenen Bevölkerung und den Umweltschützern. Sie befürchten, dass unter Bolsonaro der Regenwald für die wirtschaftliche Nutzung des Amazonasgebiets weiter abgeholzt wird.
Die indigene Bevölkerung fürchtet um ihre durch die Verfassung geschützten Stammesgebiete. Die Abholzung des Regenwaldes wäre zudem eine Gefahr für den Klimaschutz. Das Amazonasgebiet ist der weltgrösste CO2-Speicher.