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«Hart, sauber, gradlinig» Von dieser Frau wird Salvini rechts überholt

Die Römerin Giorgia Meloni kommt in Umfragen auf 15 Prozent. Die Postfaschistin ist der neue Politstar in Italien.

Als die deutsche Kapitänin Carola Rackete das Rettungsschiff «Sea Watch» vor einem Jahr in einen italienischen Hafen steuerte, forderte Giorgia Meloni, dieses Schiff zu beschlagnahmen und zu versenken. Auch in der Europapolitik sind sich Lega-Chef Matteo Salvini und Meloni in den meisten Punkten einig. Wie der frühere Innenminister forderte auch Meloni den Austritt Italiens aus dem Euro.

Jugend bei den Neofaschisten

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Legende: Reuters

Giorgia Meloni sagt über sich selbst: «Ich bin Frau, Mutter, Italienerin, Christin – das nimmt mir keiner weg!». Meloni schreit das ins Mikrofon, als ob es Leute gäbe, die ihr diese Eigenschaften streitig machen wollten.

Die 43-jährige Meloni wuchs in einer Römer Vorstadt auf. Als 15-Jährige trat sie der Jugendfront bei, der Jugendorganisation der italienischen Neofaschisten. Was sie heute vertritt, deckt sich in Vielem mit den Forderungen der Lega von Matteo Salvini. Wie Salvini fordert auch Meloni eine harte Hand gegenüber Migranten und Flüchtlingen.

Im EU-Parlament politisieren Melonis «Brüder Italiens» in der Fraktion «Konservative und Reformer». Dazu gehört die polnische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit oder die weit rechtsstehende spanische Vox. Mit diesen rechtsnationalen, sehr konservativen Parteien teilt Meloni die Skepsis oder gar Ablehnung gegenüber der EU. 2015 bezeichnete Meloni die EU zum Beispiel als «ein Komitee von Halsabschneidern».

Für einen starken Zentralstaat

Der wichtigste Punkt, in dem sich die Lega von Salvini und die Fratelli d'Italia von Meloni unterscheiden, ist der Föderalismus. Die Lega wurde im Norden Italiens stark, als Partei, die zuerst die Unabhängigkeit Padaniens und dann weitgehende Autonomie forderte. Die Fratelli d'Italia hingegen haben ihre Wurzeln im italienischen Neofaschismus und befürworten einen starken Zentralstaat.

Tajani, Meloni und Salvini mit Mund- und Nasenschutz stehen vor einer italienischen Flagge auf einer Strasse mit anderen Demonstranten.
Legende: Politische Konkurrenten rechts der Mitte zusammen gegen die Regierung: Antonio Tajani (Europaabgeordneter von Forza Italia, links), Giorgia Meloni und Lega-Chef Matteo Salvini. Reuters

Diese neofaschistischen Wurzeln sind bei den 2012 gegründeten Fratelli d'Italia vor allem über personelle Kontinuitäten sichtbar. Es gibt Parlamentarier, die schon Mitglied des neofaschistischen Movimento Sociale Italiano waren und heute bei den Fratelli d'Italia politisieren. Da ist zum Beispiel Ignazio La Russa. Im Parlament wollte er verhindern, dass der von Mussolinis Faschisten verwendete Römische Gruss, der ausgestreckte Arm also, unter Strafe gestellt wird.

Kein Seitensprung mit den Cinque Stelle

Die Kontinuität zwischen dem italienischen Faschismus und den Brüdern Italiens zeigt sich etwa auch darin, dass einer der Urenkel Mussolinis vor einem Jahr für Melonis Partei kandidierte. Meloni selbst äussert sich selten zu Mussolini oder zum italienischen Faschismus. Bekannt sind aber ihre Sympathien für rechtskatholische Kreise wie etwa Ungarns Premier Viktor Orban oder für die US-Regierung Donald Trumps.

Di Maio und Salvini geben sich die Hand.
Legende: Die Regierungskoalition, die Salvini (rechts) mit den Cinque Stelle vor zwei Jahren einging (links: der damalige Cinque-Stelle-Chef Luigi di Maio), nennt Meloni einen «Wortbruch». Reuters

Das sind auch die Leitsterne Salvinis. Doch der Lega-Chef ging vor zwei Jahren überraschend und trotz gegenteiliger Versprechungen ein Regierungsbündnis mit der Protestbewegung der Cinque Stelle ein. Diesen Schwenker Salvinis bezeichnete Meloni als «Wortbruch». Demgegenüber haben es viele Italienerinnen und Italiener geschätzt, dass sich Meloni nie von den Cinque Stelle hat bezirzen lassen.

Buhlen um Mitte-rechts-Wählerinnen

Dura e pura: hart, sauber, gradlinig – damit hat Meloni nicht nur am rechten Rand gepunktet. Seit der 83-jährige Silvio Berlusconi weitgehend von der politischen Bühne verschwunden ist, buhlt Meloni auch um Wähler der bürgerlichen Mitte. Und das mit Erfolg. Anders wäre es gar nicht zu erklären, dass ihre Partei unterdessen auf bis zu 15 Prozent der Stimmen hoffen darf.

Echo der Zeit vom 23.6.2020, 18.00 Uhr

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