- Die Kapitänin der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch, Carola Rackete, kommt wieder frei.
- Ein italienischer Ermittlungsrichter hob den Hausarrest gegen die 31-Jährige auf, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.
- Die Freilassung hat einerseits für Erleichterung, andererseits für Kritik gesorgt.
Die italienischen Vize-Premierminister, Matteo Salvini und Luigi Di Maio, reagierten verärgert und überrascht auf die Entscheidung des Ermittlungsrichters. Hilfsorganisationen dagegen sahen in dem Richterspruch eine Bestätigung der Arbeit der Seenotretter. «Mich überrascht die Haftentlassung von Carola Rackete», erklärte Di Maio auf Twitter.
Innenminister Salvini wurde deutlicher: «Der Platz dieses Fräuleins wäre an diesem Abend das Gefängnis gewesen. Ein Richter hat entscheiden, dass es nicht so ist», sagte Salvini verärgert in einem Live-Video auf Facebook. «Wie dem auch sei, wir werden diese Justiz verändern. (...) Denn das ist kein Urteil, das Italien guttut, es ist kein Urteil, das für Italien spricht.»
Rackete ist erleichtert
Carola Rackete selbst äusserte sich erleichtert nach ihrer Freilassung. Wo sie sich derzeit aufhält, ist unklar. Ihre Festnahme hatte eine Welle der Solidarität, aber auch Feindseligkeit ausgelöst. «Mich hat die Solidarität, die mir so viele Menschen ausgedrückt haben, berührt», sagte die 31-Jährige am späten Dienstagabend.
Aus der Erklärung des Gerichts gehe hervor, «dass das Recht auf der Seite der Kommandantin war», erklärten Racketes Anwälte.
Menschenleben zu retten sei keine Straftat, sondern ein humanitärer Akt, schrieb der deutsche Aussenminister Heiko Maas auf Twitter. Der Fall der Sea-Watch 3 mache auf dramatische Weise deutlich, dass eine europäische Lösung für die Verteilung von Migranten innerhalb der EU gebraucht werde.
Anhörung am 9. Juli
Nach ihrer Freilassung am Dienstag kündigte Innenminister Salvini ihre Ausweisung an, da sie eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstelle. Wann das passieren könnte, ist allerdings unklar.
Nach Angaben von Racketes Anwalts steht am 9. Juli noch eine Anhörung der Staatsanwaltschaft an. Gegen Rackete wird wegen Beihilfe illegaler Migration ermittelt. Zwei weitere Vorwürfe – Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Widerstand gegen ein Kriegsschiff – wurden nach Medienberichten fallen gelassen.
Italienische Justizbehörden hatten den Arrest gegen Rackete angeordnet, weil sie mit dem Schiff Sea-Watch 3 und 41 Flüchtlingen an Bord ohne Genehmigung im Hafen von Lampedusa angelegt hatte. Die Staatsanwaltschaft Sizilien leitete daraufhin Ermittlungen wegen des Verdachts der Unterstützung von Menschenhändlern ein.
Solidaritätswelle aus Deutschland
Nach ihrer Festnahme wurden in Deutschland und Italien jede Menge Spenden für Sea-Watch gesammelt – mehr als eine Million Euro kamen unter anderem durch den Aufruf von den Fernsehmoderatoren Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf zusammen.
Italien will keine NGO-Schiffe anlegen lassen, wenn es keine Sicherheit gibt, dass die Migranten auf andere EU-Staaten verteilt werden. Über die 53 Migranten wird noch immer verhandelt. Sie befinden sich weiterhin auf Lampedusa.