Zwei Menschen auf der geleakten Liste der kommunistischen Partei Chinas sind beim Schweizer Konsulat in Schanghai angestellt. Das sei problematisch, denn Parteimitglieder auf solchen Posten hätten einen nachrichtendienstlichen Auftrag, sagt Sebastian Heilmann, Professor für Politik und Wirtschaft Chinas an der Universität Trier: «Da müssen wir uns nichts vormachen. Parteimitglieder, die in den diplomatischen Vertretungen in China tätig sind, müssen in der Regel direkt berichten – an Parteikomitees, an den Nachrichtendienst. Es gehört zum Kerngeschäft der chinesischen Nachrichtendienste, diese diplomatischen Vertretungen zu bearbeiten.»
Es gehört zum Kerngeschäft der chinesischen Nachrichtendienste, diese diplomatischen Vertretungen zu bearbeiten.
Das eidgenössische Aussendepartement EDA antwortet nicht auf die Frage, ob es wisse, dass die betreffenden Mitarbeitenden auf dem Konsulat Mitglieder der kommunistischen Partei sind. Die Zugehörigkeit zu einer Partei sei nicht a priori untersagt, schreibt das EDA lediglich. Allfällige Sicherheitsmassnahmen würden definiert, gestützt auf eine Risikoanalyse.
Seltener Einblick
Die geleakte Liste enthält die Namen von 1.9 Millionen Parteimitgliedern aus der Region Schanghai. Erhalten hat die Liste die «Interparlamentary Alliance on China IPAC». Das ist eine Gruppe von Parlamentariern aus verschiedenen demokratischen Ländern, die sich letzten Sommer formiert hat, um die Politik gegenüber dem zunehmend autoritär auftretenden China zu koordinieren.
Von der Schweiz sind SVP-Nationalrat Yves Nydegger sowie SP-Nationalrat Fabian Molina Mitglieder der Allianz.
«Schweiz soll sich wehren»
Wenn Mitglieder der kommunistischen Partei Chinas auf dem Schweizer Konsulat arbeiteten, so könnten sie Zugang erhalten zu sensiblen Informationen, sagt Molina. «Im Kontext von China ist die Parteimitgliedschaft ein Kriterium, um die Personen genauer abzuklären, und im Zweifelsfall sollte auf eine Anstellung verzichtet werden.»
Lokale Mitarbeitende ausländischer Vertretungen in China müssen aber von einer chinesischen staatlichen Agentur angestellt werden. Damit schränkt die Regierung die Wahl der ausländischen Botschaften und Konsulate ein. Das müsse die Schweiz nicht akzeptieren, meint Molina: «Es gibt klare internationale Regeln, nach denen die Diplomatie funktioniert. Das ist im Wiener Übereinkommen geregelt, und der Gaststaat darf der Schweiz nicht vorschreiben, wen sie anzustellen hat.»
«Realistisch, aber zynisch»
SVP-Nationalrat Yves Nydegger sieht hingegen keinen Handlungsspielraum für die Schweiz. Es sei ein Problem, dass lokale Mitarbeitende auf Schweizer Vertretungen Zugang erhalten könnten zu wichtigen Informationen. «Es ist ein Problem, das die Schweiz akzeptiert, seit sie 1950 auf Wunsch von China diplomatische Beziehungen eingegangen ist – nach den Regeln von China.»
Schweizer Diplomaten hätten viel schlimmere Zeiten erlebt als heute, etwa als die Politik von Mao Tse-Tung Millionen Menschenleben forderte. Die chinesische Politik nehme man schon seit langem hin, so Nydegger. Das sei ein politischer Entscheid – realistisch, aber vielleicht auch etwas zynisch.