Die kommunistische Partei Chinas wolle Akzeptanz schaffen für ihr autoritäres Regime. Die Kritik an den Straflagern, der Gängelung Tibets und Hongkongs zum Verstummen bringen sei das Ziel, erklärt Ralph Weber: «Um diese Akzeptanz zu erreichen, bedient sich die KP China einer ganzen Reihe von Einflusssystemen.»
Detailliert zeigt der Professor an der Universität Basel in einer Studie auf, über welche Organisationen die chinesische kommunistische Partei die Schweiz zu beeinflussen versucht.
Der erste Kanal seien Chinesen, die in der Schweiz wohnten, in der Wissenschaft oder an Universitäten studierten oder forschten oder Geschäftsleute seien. «Der zweite Kanal betrifft die Vereinnahmung einflussreicher Akteure in der Schweizer Wirtschaft, Politik, aber auch in Medien oder Forschung», sagt Weber.
Diese würden öffentlich die Positionen der KP China wiederholen oder wichtige Entscheidungsträger beraten. «Hier vermute ich den viel grösseren Effekt auf die Schweiz.» Die Studie nennt etwa die Gesellschaft Schweiz-China, Wirtschaftsverbände sowie die Parlamentariergruppe Schweiz-China.
Präsident der Parlamentariergruppe Schweiz-China ist der FDP-Nationalrat Laurent Wehrli. Es gehe bei solchen Gruppen nur um Informationsbeschaffung, erklärt er: «Ich kann versichern, dass die Gruppe völlig unabhängig von der chinesischen Politik ist.» Das zeige sich an zahlreichen China-kritischen Vorstössen der letzten Jahre im Parlament.
Die Gesellschaft Schweiz-China bezeichnet sich ebenfalls als unabhängig und weist die «Andeutungen und Anschuldigungen» der Studie zurück. Weber aber hält an seiner These fest. Viele Betroffene würden unwissentlich vom chinesischen System vereinnahmt, erklärt er.
Die Studie des China-Experten Ralph Weber
Ein weiteres Ziel, das Weber beschreibt, sind Schweizer Konzerne. So sitzen chinesische Staatsbürger in den Verwaltungsräten von UBS, Credit Suisse, Nestlé und Swiss Re. Wie in der Studie zu lesen ist, sind sie allesamt Mitglieder der politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes, eines beratenden Gremiums des Staatsapparats. Dessen Mitglieder gälten in China als einsetzbar für die Zwecke der kommunistischen Partei.
«Normalisierung» autoritärer Systeme
Solche Mandate trügen dazu bei, dass das chinesische System normalisiert werde. «Es ist heute normal, dass man ein Mitglied aus einem autoritären Regime im Verwaltungsrat hat», sagt Weber. Dies könne zu Abhängigkeiten führen, von denen man sich nur schwer wieder lösen könne. «Bis hin zur Situation, dass sich Grosskonzerne in ihrer eigenen Entscheidungsfreiheit beschneiden.»
Auf Anfrage von SRF News sagen die Konzerne, dass sie externe Mandate ihrer Verwaltungsräte nicht kommentieren. Was haben aber die in der Studie festgestellten Einflusssphären Chinas in der Schweiz bewirkt? «Die Debatte in der Schweiz wurde beeinflusst. Die Einflussnahme ist schleichend und geschieht über viele Jahre», findet Weber.
So sei etwa über die Zeit die Kritik an Chinas Umgang mit Tibet oder Taiwan weitgehend verstummt, schliesst Weber.
Im eidgenössischen Aussendepartement arbeitet man derzeit an einer neuen Chinapolitik. Weber will keine Ratschläge erteilen. Es gehe ihm darum, das Bewusstsein über diese Thematik zu wecken, sagt er.