Die anhaltende Bandengewalt in Haiti hat das Land erschüttert und vor allem die Hauptstadt Port-au-Prince in eine unsichere Zone verwandelt, in der brutale Banden das Sagen haben. Der Staat ist praktisch unregierbar geworden. Ein UNO-Einsatz soll dem Land nun helfen. Vor wenigen Tagen erreichte das erste Kontingent kenianischer Polizeikräfte das Land.
Toni Keppeler, Journalist und Haiti-Kenner, berichtet, dass die blosse Anwesenheit der kenianischen Polizei bereits eine spürbare Entspannung der Lage bewirkt habe. «Meine Freunde in Haiti sagen mir, es gäbe kaum mehr Schiessereien, die Gangs seien nicht mehr so sichtbar», so Keppeler. Er fügt hinzu, dass selbst der berüchtigte Gangführer Jimmy Chérizier, bekannt als «Barbecue», um Verhandlungen gebeten habe. Das kann als Zeichen der beeindruckten Gangster gewertet werden.
Geheimhaltung über konkrete Pläne
Die genauen Einsatzpläne der internationalen Truppen bleiben unter Verschluss. Bekannt ist: Rund 400 kenianische Polizisten sind bereits in Haiti und die Truppe soll auf etwa 1000 Kräfte aufgestockt werden. Zusätzlich sollen Polizeikontingente aus anderen, überwiegend karibischen Ländern entsandt werden. Insgesamt sollen etwa 2500 internationale Polizeikräfte im Einsatz sein, um die haitianische Polizei zu unterstützen.
Laut Keppeler ist nicht die Anzahl der Polizisten entscheidend, sondern ihre Ausrüstung. Die haitianische Polizei ist schlecht bewaffnet und den Gangs unterlegen, die mit besseren Waffen ausgerüstet sind. In den letzten Wochen haben die USA täglich Flugzeuge nach Port-au-Prince geschickt, um Waffen zu liefern. Diese Unterstützung könnte entscheidend sein, um die einheimischen Sicherheitskräfte zu stärken, sagen Polizeikenner.
Die Bevölkerung Haitis zeigt sich vorsichtig optimistisch. Die Skepsis gegenüber internationalen Einsätzen ist jedoch gross. So endete beispielsweise die UNO-Mission von 2004 in einer Choleraepidemie, die Tausende das Leben kostete.
Die aktuelle Mission werde jedoch positiver aufgenommen, sagt Journalist Keppeler. «In den letzten Monaten haben viele unter der Ganggewalt gelitten. Sie sagen, es kann nur besser werden.» Es sei wichtig, dass der Einsatz vorwiegend von Kräften aus schwarzen Ländern getragen wird. Länder wie Benin, Tschad und der karibischen Inseln stellen ebenfalls Kontingente.
«Haiti reagiert sehr sensibel, wenn weisse Soldaten oder weisse Polizeikräfte aufmarschieren würden. Deswegen halten sich Kanada und die USA, wo viele Haitianer leben, zurück. Sie sind vor allem an der Finanzierung beteiligt», erklärt Keppeler.
Positive Zukunftsaussichten
Es herrscht eine gewisse Aufbruchsstimmung in Haiti, spürt Toni Keppeler, wenn er mit haitianischen Freunden spricht. Das normale Leben kehrt langsam zurück, und die Menschen können sich wieder sicherer fühlen.
Zudem geniesse die Übergangsregierung grosse Akzeptanz in der Bevölkerung. Sie mache das, wofür sie eingesetzt wurde: Sie kümmert sich um das Ankommen der internationalen Interventionstruppe. Und sie bildet einen Wahlrat, der im nächsten Jahr Wahlen organisieren soll. Diese Entwicklungen geben Anlass zur Hoffnung, dass Haiti langfristig stabilisiert werden kann.