«Würden Sie von diesem Mann einen Gebrauchtwagen kaufen?» lautet seit dem US-Wahlkampf 1960 die berühmteste Journalistenfrage. «Nein», heisst die Antwort im Falle von Herbert Kickl. Warum?
Es geht nicht um rechts oder links, um Gutmenschen, Nazikeulen, um einen Kulturkampf der Ideologien. Die Geschäftsgrundlage eines demokratischen Rechtsstaates ist seine Verfassung. Und Kickl hat bis heute immer zweideutige Antworten auf die Frage geliefert, ob er sich an diese Geschäftsgrundlage halten will.
2019 sagte Kickl: «Es gilt der Grundsatz, dass das Recht der Politik zu folgen hat, nicht die Politik dem Recht». ZDF-Moderator Jan Böhmermann jaulte auf und machte eine ganze Sendung zum Nazi-Kickl und dem braunen Österreich. Das war Blödsinn. Fast täglich werden auch in Bern politische Vorstösse eingereicht, mit denen das bestehende Recht geändert werden soll. Das ist demokratischer Alltag.
Koketterie mit Verfassungsbruch
Aber Kickl liess und lässt immer zweideutig offen, ob er sich dabei an die Verfassung halten will. Er kokettiert immer wieder mit dem Verfassungsbruch, zum Beispiel, wenn er – Zitat – als Volkskanzler Vollstrecker eines selbstdefinierten Volkswillens sein will.
Würden Sie von einem solchen Mann einen gebrauchten Volkswagen kaufen? Soll er deswegen nicht Kanzler werden? Doch, er soll. Kickl hat die Wahl im vergangenen September legal gewonnen, die Wählerinnen und Wähler haben Kickl diesen Gebrauchtwagen abgekauft. Soll er zeigen, was er kann, Österreichs Probleme sind gross genug.
«Umarme, was Du nicht besiegen kannst», sagte SVP-Doyen Christoph Blocher vergangenes Jahr in einem Interview mit der NZZ in Bezug auf die deutsche AfD. Das Problem in Österreich ist nur, dass die ÖVP vor lauter Umarmung so biegsam geworden ist, dass sie das Rückgrat verloren hat.
Politisch wird es rumpeln
Zwar ist Österreich noch immer ein robuster Rechtsstaat, die Gerichte sind unabhängig. Doch das Beispiel der USA zeigt, dass ein Mann Präsident werden kann, der einen Staatsstreich versucht hat und laut Verfassung gar nicht hätte kandidieren dürfen. Denn die Anklage ist in den Verfahrensmühlen versandet. Sprich: Kickl als Kanzler, das ist legal, aber nicht harmlos.
Politisch wird es rumpeln. Nicht zuletzt aussenpolitisch. Für die FPÖ soll Österreich eine «Insel der Seligen» werden und noch neutraler als die Schweiz. Der Krieg in der Ukraine geht uns nichts an, wohl dagegen billiges russisches Gas, so die FPÖ-Parole.
Am Ende dieses ereignisreichen Tages in Wien, lässt sich ein Bogen vom amerikanischen Gebrauchtwagen zu einem weiteren US-Bonmot schlagen: Good night, and good luck.