- Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat den Rechtspopulisten Herbert Kickl mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt.
- Dies kündigte Van der Bellen nach einem Gespräch mit dem 56-jährigen FPÖ-Chef Kickl an.
- Dass die FPÖ die Regierung bildet, ist ein Novum in der österreichischen Geschichte.
- Es wird damit immer wahrscheinlicher, dass die rechte Partei auch zum ersten Mal den österreichischen Bundeskanzler stellt.
Das Land brauche in der aktuell wirtschaftlich äusserst schwierigen Lage eine arbeitsfähige Regierung, sagte Van der Bellen. Kickl habe ihm im Gespräch versichert, dass er sich die Aufgabe als Kanzler zutraue, so der österreichische Bundespräsident.
«Der Respekt vor dem Wählervotum gebietet es, dass der Bundespräsident die Mehrheit achtet», auch wenn er selbst möglicherweise andere Wünsche und Vorstellungen habe. «Ich habe mir diesen Schritt nicht leicht gemacht», betonte Van der Bellen.
Dreier-Koalitionsverhandlungen gescheitert
Zuvor waren Verhandlungen für die vom Staatsoberhaupt selbst favorisierte Bildung einer Dreierkoalition von konservativer ÖVP, sozialdemokratischer SPÖ und liberalen Neos nach sechs Wochen an inhaltlichen Diskrepanzen gescheitert.
Daraufhin hatte der österreichische Kanzler Karl Nehammer seinen Rücktritt angekündigt. Im Amt des Parteichefs folgte ihm interimistisch der bisherige ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. Dieser gehörte wie Nehammer bisher zu den schärfsten Kritikern Kickls, dem er unter anderem Regierungsunfähigkeit unterstellte. Er hatte den FPÖ-Chef auch als «Sicherheitsrisiko» bezeichnet.
Die FPÖ hatte die Parlamentswahl vor drei Monaten zwar klar gewonnen, war aber angesichts des Unwillens der anderen Parteien, mit den Rechtspopulisten zusammenzuarbeiten, bei Koalitionsgesprächen zunächst übergangen worden. Die konservative ÖVP, bisher auf Gegenkurs zur FPÖ, kündigte dann aber an, nun doch für Bündnisgespräche mit der rechten Partei zur Verfügung zu stehen.
Divergierende Meinungen in der Aussenpolitik
In einem ersten Schritt müssen sich die ÖVP und die FPÖ jetzt auf ein Regierungsprogramm einigen. Bei Themen wie Migration und Steuern scheinen sich die Ansichten der beiden Parteien weitgehend zu decken. Doch zwischen der Moskau-freundlichen und EU-kritischen FPÖ und der ÖVP gibt es unter anderem Differenzen in Sachen Aussen- und Sicherheitspolitik.
Völlig offen seien auch gemeinsame Konzepte zur Bewältigung der Budgetkrise, sagte der Präsident des Fiskalrats, Christoph Badelt im ORF. Es sei fraglich, ob ein neuer Kanzler von der FPÖ mit unpopulären Sparmassnahmen oder Steuererhöhungen starten wolle, so Badelt weiter. «Wir wissen alle nicht, wozu die FPÖ, wenn es wirklich ums Budgetkonsolidieren geht, eigentlich bereit wäre.» Österreich muss dringend seinen Haushalt sanieren, um mit Blick auf die EU-Budgetregeln ein Defizitverfahren zu vermeiden.
Die konservative ÖVP und die rechte FPÖ hatten bereits in den 2000er-Jahren und zwischen 2017 und 2019 Koalitionen gebildet – allerdings unter ÖVP-Regierungschefs.