Der Süden von Europa meldet neue Hitzerekorde. In Athen soll es am Donnerstag 42 Grad warm werden. Athen betreibt schon länger gezielt Hitzeprävention. ARD-Korrespondentin Christina Metallinos lebt in Athen und beschreibt, was die Stadt unternimmt, um den Menschen das Ertragen der Hitze zu erleichtern.
SRF News: Wie wirkt sich die Hitze aus?
Christina Metallinos: Um 8:20 Uhr Ortszeit haben wir schon 28, 29 Grad. Man hört das Dröhnen der Klimaanlagen. Das ging die gesamte Nacht so. Die Nächte sind einfach sehr anstrengend. Und der Wind, der einem immer wieder entgegenbläst, ist sehr warm.
International gehört die Stadt Athen zu den Vorreiterinnen bei der Hitzeprävention. Was macht die Stadt anders als andere?
Seit 2021 gibt es hier eine Hitzebeauftragte in der Stadt. Es gibt auch ein Hitzewarnsystem für die Stadt, das heisst, es kommen Warnungen aufs Handy, dass ab gewissen Uhrzeiten mit grosser Hitze zu rechnen ist. Heute zum Beispiel bleiben viele Griechinnen und Griechen im Homeoffice, Schulen bleiben geschlossen. Auch die Akropolis ist heute Nachmittag geschlossen, damit sich keine Touristen der Sonne aussetzen. Es existieren auch Hilfsangebote für Menschen, die das Haus nicht verlassen können und versorgt werden müssen. In Athen hat es auch sogenannte Kühlzentren. Das ist eine Mischung aus Seniorencafé und Hotellobby. Dort können Senioren hinkommen, Wohnungslose, überhaupt Menschen, die keine Klimaanlage zu Hause haben oder sich schlichtweg den Betrieb nicht leisten können, weil die Strompreise auch hier hoch sind. Es gibt zudem eine App für Fussgänger, die die kühlste Route angibt. Das Ganze ist kostenlos und wird von der Stadt angeboten.
Athen ist eine Betonwüste, es gibt so gut wie keine grössere Freifläche, aus der man eine grüne Lunge machen könnte.
Man plant auch, die Stadt mit Wasser abzukühlen?
Ein antikes, 24 Kilometer langes Aquädukt soll renoviert werden. Es führt unterirdisch durch die Stadt. Fliessendes Wasser, das zeigen internationale Vergleiche, trägt signifikant dazu bei, dass sich die Temperaturen abkühlen. Man muss wissen: Athen ist eine Betonwüste, es gibt so gut wie keine grössere Freifläche, aus der man eine grüne Lunge machen könnte. Deshalb setzt die Stadt jetzt auf viele kleine Grünflächen über die Stadt verteilt. Pocket-Parks werden sie genannt.
Helfen diese Massnahmen auch einkommensschwachen Menschen?
Auf vulnerable Gruppen und sozial Schwächere wird hier besonders Acht gegeben. Denn Fachleute gehen davon aus, dass es einen Zusammenhang zwischen hitzebedingter Sterblichkeit und steigenden Temperaturen in den Städten hier in Griechenland gibt.
Langfristig lässt sich so natürlich der Klimawandel nicht bekämpfen, aber zumindest die akuten Auswirkungen lassen sich mildern.
Nützen diese Massnahmen etwas?
Auf jeden Fall. Als es in den Achtzigern zu überraschenden, schweren Hitzewellen kam, gab es noch deutlich mehr Hitzetote. Allein bei einer Hitzewelle starben um die 900. Nun sind es – aufs ganze Jahr gesehen – ein Drittel weniger. Man muss allerdings davon ausgehen, dass es eine Dunkelziffer gibt von Menschen, die hitzebedingt sterben und von denen man aber das als Ursache nicht herausgefunden hat. Die Verbesserung hängt auch damit zusammen, dass so gut wie jede modernere Wohnung und auch viele Ältere über eine Klimaanlage verfügen. Langfristig lässt sich so natürlich der Klimawandel nicht bekämpfen, aber zumindest die akuten Auswirkungen lassen sich mildern.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.