- In der Nacht trat die von Russland und der Türkei geforderte Waffenruhe für Libyen doch noch in Kraft.
- Der abtrünnige General Haftar stimmte der Feuerpause zu, obwohl er sie Tage zuvor noch abgelehnt hatte.
- Mittlerweile werfen sich die Konfliktparteien einen Bruch der Waffenruhe vor.
Der gegen die libysche Regierung kämpfende General Chalifa Haftar hat der Waffenruhe doch noch zugestimmt. Diese sei am frühen Sonntagmorgen um eine Minute nach Mitternacht (23.01 Uhr MEZ) wirksam geworden, teilte Haftars selbst ernannte Libysche Nationalarmee (LNA) mit.
Noch am Freitag hatte Haftar erklärt, die Offensive auf die Hauptstadt Tripolis fortsetzen zu wollen und dies damit begründet, ein ziviler Staat könne nur errichtet werden, wenn die «terroristischen Gruppen» völlig zerstört würden. Haftars Streitkräfte kämpfen seit April um Tripolis und hatten ihren Kampf in den vergangenen Wochen intensiviert.
LNA-Sprecher Ahmed al-Mesmari warnte die von den Vereinten Nationen unterstützten gegnerischen Einheiten vor einer «harschen Antwort», sollten sie den Waffenstillstand verletzen. Aus LNA-Kreisen verlautete, die Waffenruhe im Westen des Landes, wo sich auch Tripolis befindet, sei in den ersten Stunden nach Eintreten nicht verletzt worden.
Vorwürfe von beiden Seiten
Derweil werfen sich die beiden Konfliktparteien einen Bruch der Waffenruhe vor. Bereits Minuten nach deren Inkrafttreten in der Nacht auf Sonntag habe es in zwei Randbezirken in der Hauptstadt Tripolis Verstösse gegeben, teilte die Regierung mit. Ein LNA-Kommandant erklärte, die Regierung habe «mit allen möglichen Waffen, darunter Artillerie, an mehr als einer Front» gegen die Waffenruhe verstossen.
Die Regierungseinheiten hatten den Vorschlag nach einer Waffenruhe begrüsst. Die Türkei und Russland hatten am Mittwoch eine Waffenruhe in Libyen angemahnt. Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin riefen dazu auf, dass diese in der Nacht auf Sonntag in Kraft treten solle.
Russland unterstützt – wie auch Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate – in dem Konflikt Haftar, die Türkei die Regierung in Tripolis. Ankara hatte trotz internationaler Kritik beschlossen, eigene Truppen in das nordafrikanische Land zu schicken.
Initiative aus Berlin
Deutschland bemüht sich seit Monaten um eine politische Lösung für den Konflikt. Mit einer internationalen Konferenz in Berlin wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin eine Friedenslösung für das Bürgerkriegsland erreichen.
Russland werde diese deutsche Initiative unterstützen, hatte der Kremlchef am Samstag bei einem Treffen mit Merkel im Kreml in Moskau gesagt.
Die Vereinten Nationen begrüssten die Waffenruhe und riefen die Konfliktparteien auf, an dieser festzuhalten. Die UNO-Mission in Libyen (Unsmil) teilte mit: «Die (UNO-)Mission bringt ihre volle Bereitschaft zum Ausdruck, die Libyer zu unterstützen und will alle ihre Quellen nutzen, ihnen zu helfen, eine endgültige friedliche Lösung für die libysche Krise zu finden.»
«Die Richtung stimmt»
Haftar hatte im vergangenen Jahr eine Offensive auf Tripolis begonnen, wo die international anerkannte Regierung von Fajis al-Sarradsch sitzt.
Der italienische Regierungschef Giuseppe Conte twitterte, die Truppen Haftars hätten den Waffenstillstand akzeptiert. Dies sei ein erster Schritt auf dem Weg zu einer politischen Lösung. «Es sind noch weite Strecken zu gehen, aber die Richtung stimmt.»