- Im Konflikt um die Südkaukasus-Region Berg-Karabach nehmen Armenien und Aserbaidschan einen neuen Anlauf für eine Feuerpause.
- In der Nacht zum Sonntag um Mitternacht Ortszeit (22.00 Uhr MESZ) solle eine «humanitäre Waffenruhe» in Kraft treten.
- Das teilten die Aussenministerien beider Länder im gleichen Wortlaut am Samstagabend mit.
Bereits vor einer Woche hatten sich die verfeindeten Länder unter Vermittlung Russlands auf eine Feuerpause verständigt. Diese Vereinbarung war jedoch schon kurz nach Inkrafttreten gebrochen worden. Dafür gaben sich beide Länder gegenseitig die Schuld.
Blutiger Samstag
Zuvor hatte es neue Kämpfe mit Toten und Verletzten gegeben. Aserbaidschan meldete schwere Angriffe der armenischen Seite in der Nacht zum Samstag auf Ganja, die zweitgrösste Stadt des Landes. Bei dem Raketenbeschuss seien 13 Menschen getötet worden, teilte das Zivilschutzministerium in der Hauptstadt Baku mit. Armenien machte das Nachbarland ebenfalls für Angriffe verantwortlich.
Von 50 Verletzten sprach Aserbaidschan in Ganja. Die Leichen seien etwa unter Trümmern zerstörter Häuser gefunden worden. Darunter sollen auch Kinder gewesen sein. Auf von Aserbaidschan verbreiteten Bildern war zu sehen, wie Rettungskräfte in zerstörten Häusern nach Überlebenden suchen. Dabei waren auch Suchhunde im Einsatz. Die Behörden sprachen von erheblichen Schäden.
Armenien wiederum berichtete von Raketenangriffen der aserbaidschanischen Seite, darunter auf die Hauptstadt von Berg-Karabach. Dabei seien in Stepanakert mindestens drei Zivilisten verletzt worden.
Appelle von Russland und EU
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow appellierte am Abend eindringlich an beide Seiten, sich an die Vereinbarung zu halten. Er telefonierte dazu nach Angaben seines Ministeriums in Moskau erneut mit seinen Kollegen aus Aserbaidschan und Armenien, Jeyhun Bayramov und Sohrab Mnazakanjan.
Dabei habe Lawrow daran erinnerte, dass die Feuerpause auch humanitären Gründen diene. Ausserdem hätten beide Seiten ihre Bereitschaft für «substanzielle Verhandlungen» mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Friedensregelung erklärt, hiess es.
Auch die EU forderte beide Seiten erneut zur Einhaltung der Waffenruhe auf. «Alle Angriffe auf Zivilisten und zivile Einrichtungen müssen ein Ende haben», sagte ein Sprecher des EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell am Samstag. Die Europäische Union bedauere den Beschuss der aserbaidschanischen Stadt Ganja.
Jahrzehnte alter Konflikt
Die beiden Ex-Sowjetrepubliken kämpfen seit Jahrzehnten um die bergige Region, in der rund 145'000 Menschen leben. Berg-Karabach wird von Armenien kontrolliert, gehört aber völkerrechtlich zum islamisch geprägten Aserbaidschan.
In einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren verlor Aserbaidschan die Kontrolle über das Gebiet. Seit 1994 galt eine brüchige Waffenruhe.