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Bild 1 von 7. Der Ablauf am Samstag war klar geregelt: Von den 7000 in München angekommenen Flüchtlingen wurden 2500 in andere Bundesländer weitergeleitet. Einige Züge fuhren direkt weiter, andere Migranten mussten umsteigen. Mehr als 4500 Menschen wurden in München empfangen, untersucht und versorgt und mit S-Bahnen und Bussen in Aufnahmezentren gebracht. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 7. Die Flüchtlinge werden in einem Erstaufnahmezentrum beim Bahnhof München versorgt. Zudem ist in der bayerischen Landeshauptstadt als Notquartier binnen Stunden eine Halle auf dem Messegelände vorbereitet worden. Dort finden 3000 Menschen Platz, 1700 Schlafplätze sind vorhanden. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 7. Zahlreiche Flüchtlinge, die – wie dieses Mädchen – am Münchner Hauptbahnhof ankommen, haben eine wochenlange Odyssee hinter sich. Sie werden medizinisch versorgt, erhalten Wasser, Essen, Kleider – und manchmal auch einen Plüsch-Freund, der Trost spendet. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 7. 569 Migranten trafen per Sonderzug in Saalfeld in Thüringen ein. Rund die Hälfte von ihnen reiste mit Bussen weiter nach Dresden, um in der Offiziersschule des Heeres untergebracht zu werden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 7. Viele Flüchtlinge steigen zögerlich aus den Zügen. Sie sind erschöpft und wohl auch etwas überfordert mit den applaudierenden Menschen, den Willkommensschildern und schliesslich den aufgetürmten Nahrungsmitteln, die ihnen angeboten werden (im Bild die Bahnhofshalle Frankfurt). Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 7. Freiwillige verteilen am Bahnhof Dortmund Säcke mit Kleidern und Nahrungsmittel an die Flüchtlinge. Die Hilfsbereitschaft ist gross: In München bat die Polizei gar die Bevölkerung per Twitter, keine Spenden mehr vorbeizubringen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 7. Rund 600 Flüchtlinge sind am Sonntagmorgen per Zug in Dortmund angekommen. Sie wurden vom Bahnhof in eine Mehrzweckhalle gebracht. Bildquelle: Keystone.
SRF News: Herr El-Mafaalani, Was passiert genau zurzeit in Dortmund?
Aladin El-Mafaalani: Die Flüchtlinge, die die Länder durchquert haben, sind sich unterschiedliche Verfahrensweisen gewohnt. Es geht nun darum, dass sie nachvollziehen, was hier passiert. In Dortmund wird nämlich noch nichts registriert. Das hier ist eine zentrale Einheit, die 100 Meter vom Dortmunder Hauptbahnhof entfernt liegt. Die Flüchtlinge werden hier untergebracht und verpflegt. Ärzte sind da und das Deutsche Rote Kreuz.
Anschliessend geht es darum, die Menschen mit Bussen zu verteilen. Bisher wurde kommuniziert, dass die Verteilung in ganz Nordrheinwestfalen stattfindet. Ich habe aber noch keine Informationen, wer das genau koordiniert. Die Zentrale hier ist aus der Not geboren, sie funktioniert aber unglaublich gut.
«Wir schaffen das», sagen deutsche Politiker, Flüchtlingsorganisationen und Freiwillige. Aber ist Deutschland wirklich auf diesen grossen Ansturm von Flüchtlingen vorbereitet?
Also, auf einen so grossen Ansturm mit Sicherheit nicht. Man muss aber sagen, dass dies vor Ort unglaublich gut funktioniert. Hier sind mehr freiwillige Helfer anwesend, als überhaupt koordiniert werden können. Die Sachspenden wachsen weiter an. Es wird in dieser Beziehung nichts mehr benötigt. Gemeint sind Kleidung, Nahrungsmittel, Babynahrung und dergleichen. Die Grundproblematik ist eher europapolitischer und weltpolitischer Art. Hier finden Reibungen statt. Ich kann aber nur wiederholen: Hier vor Ort staunte ich nur, wie gut das funktioniert.
Dortmund war ja schon immer ein Schmelztiegel für Zuwanderer. Trotzdem kam es auch in dieser Stadt kürzlich zu dramatischen Szenen von hasserfüllten Deutschen und überforderten Behörden. Könnten sich solche Szenen wiederholen?
Ja, klar. Wir brauchen hier einen Plan. Man muss sich überlegen, wie das auf Dauer funktioniert. Die Menschen, die jetzt hierhergekommen sind, stammen überwiegend aus Syrien, Afghanistan, Iran und Irak. Das heisst, hier befinden sich Menschen, bei denen man davon ausgehen muss, dass sie dauerhaft in Deutschland bleiben werden. Dementsprechend braucht man eine Gesamtkonzeption innerhalb Deutschlands aber auch weiträumiger Art, damit die Stimmung hier nicht kippt.
Für Sie sind diese Fragen nicht neu. Gibt es denn ein Patentrezept, wie all diese Menschen integriert werden können?
Ein Patentrezept gibt es wohl nicht. Für die Integration ist zuerst einmal notwendig, dass die Personen, die hier langfristig bleiben, Zugang zu Sprachkursen erhalten, dass die Unterbringung gewährleistet ist und dass sie zumindest prinzipiellen Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Natürlich ist das nicht unbegrenzt möglich. Zurzeit gibt es nicht genügend Sprachkurse. Wenn es so weitergeht, wird auch der Arbeitsmarkt im reichen Deutschland überfordert sein. Das hier ist eine Notsituation, bei der man mit dem Prinzip der reinen Lehre keine ideale Lösung finden kann.
Experten sagen, dass sich Grossstädte besser eigenen für Flüchtlinge. In diesen Städten ist Wohnraum aber knapp. Wie realistisch ist es also, dass man die Leute dort unterbringen will?
Es wäre tatsächlich günstiger. Aber auch diese theoretische Lösung stösst an seine Grenzen.
In Grossstädten erleben wir eine grosse Hilfsbereitschaft.
Was wäre denn besser: Die Integration in Grossstädten oder in grossen Zentren?
In den Grossstädten gibt es mehr Dolmetscher. Auch die Krankenversorgung ist gut. Im Prinzip alles, was für die Versorgung der Flüchtlingen essentiell wichtig ist. Zwei Dinge muss man zusätzlich im Auge behalten: Die Flüchtlinge bevorzugen eher grössere Städte und die Bewohner in solchen Städten sind da stressresistenter. Gerade die Flüchtlingseinrichtungen in ländlicheren Regionen sind Zielscheibe für rechtsextreme Übergriffe. Und: In Grossstädten erleben wir diese grosse Hilfsbereitschaft.
Viele Deutsche wollen freiwillig mithelfen. Mit Sprachkursen und Übernahme von Patenschaften. Manche wollen sogar Flüchtlinge bei sich wohnen lassen. Wie sinnvoll ist das?
Nun, das ist erst mal erfreulich. Gerade in Notfallsituationen ist diese Hilfe wunderbar. Aber auf Dauer muss man gesamtstaatliche Strategien haben. Und da ist qualifizierte und professionelle Hilfe nötig.
Das Gespräch führte Ursula Hürzeler