Zum Inhalt springen

Immer mehr elektrisch Klimagas-Ausstoss: EU befindet sich beim Verkehr auf Kurs

Eine Studie sagt: Die Emissionen des Strassenverkehrs könnten bald sinken. In der Schweiz schaut es nicht ganz so gut aus.

Darum geht es: Die EU ist auf gutem Weg, ihre Klimaziele im Bereich Strassenverkehr zu erreichen. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht des Internationalen Rats für sauberen Verkehr (ICCT) . Die Forscher gehen davon aus, dass der CO₂-Ausstoss im europäischen Strassenverkehr nach einem Höchststand von fast 800 Millionen Tonnen CO₂ im laufenden Jahr künftig abnehmen dürfte und bis 2035 um rund ein Viertel sinken könnte. Das wäre eine Kehrtwende im Emissions-intensiven Strassenverkehr. Begründet wird die Annahme mit den Klimavorgaben der EU für Autobauer und LKW-Hersteller.

Ich bin mir nicht sicher, ob wir beim Flugverkehr auch auf gutem Weg sind.
Autor: Eva Heinen Professorin für Verkehrsplanung und Transportsysteme an der ETH

Wichtige Einschränkung: Der Turnaround wird laut dem ICCT allerdings nur dann möglich, wenn das beschlossene Aus für neue Verbrennerautos nicht rückgängig gemacht oder gelockert wird. Ein Abschwächen der aktuell geltenden CO₂-Ziele für die Hersteller würde den Rückgang der Emissionen gefährden, heisst es denn auch in dem Bericht. Bis 2035 werden die sogenannten Flottengrenzwerte schrittweise heruntergeschraubt – der maximale durchschnittliche Kohlendioxid-Ausstoss aller Neuwagen eines Herstellers muss also sinken. Und ab 2035 sollen in der EU gar keine neuen Verbrenner-PKWs mehr verkauft werden, so die derzeitigen Pläne.

Auch die Schweiz will elektrifizieren

Box aufklappen Box zuklappen

Die Schweiz hat sich wie die EU den Zielen des Pariser Klimaabkommens verpflichtet – bis 2050 soll hierzulande unter dem Strich kein CO₂ mehr aus fossilen Quellen ausgestossen werden. Das ist seit Mitte 2023 so im Klimagesetz festgeschrieben . Um dieses Ziel zu erreichen, muss unter anderem der Strassenverkehr möglichst emissionsfrei und elektrifiziert werden. Verbrenner-Autos sollen zum Auslaufmodell werden.

Vorangetrieben werden soll die Entwicklung ähnlich wie in der EU mit immer strengeren Flottengrenzwerten. Die von den Fahrzeugimporteuren verkauften Autos dürfen im Schnitt also immer weniger CO₂ ausstossen, sonst drohen den Autohändlern Millionenbussen.

Kritik am Verbrennerverbot: Die europäische Autoindustrie steckt bekanntermassen in der Krise. Und so kommen vor allem aus Deutschland Forderungen nach einer Aufweichung des Verbrennerverbots ab 2035. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte auch, den Autobauern drohende Strafen zu erlassen. Dafür setzen sich etwa VW und Renault ein, die bereits in diesem Jahr die Vorgaben, was den Durchschnittsausstoss ihrer verkauften Autos betrifft, verfehlen könnten. Andere Hersteller wie BMW und Stellantis sehen sich auf einem guten Weg, reine Elektroautoanbieter wie Tesla gelten ohnehin als emissionsfrei.

Rückschlag für E-Autos in der Schweiz

Box aufklappen Box zuklappen

E-Autos stossen in der Schweiz nicht auf ungeteilte Begeisterung. Zwar hat ihr Anteil an den neu zugelassenen PKWs seit 2015 stetig zugenommen – bis auf 30.1 Prozent im Jahr 2023 . Letztes Jahr wurde aber erstmals seit 2015 ein Rückgang verzeichnet: 2024 waren nur noch 28 Prozent der Neuwagen Steckerautos – also entweder reine Batterie-Autos oder Plug-in-Hybride.

Für den schleppenden Absatz gibt es mehrere Gründe : E-Autos waren bisher vor allem im Hochpreis-Segment zu finden, ausserdem kostet ein vergleichbares E-Auto rund 20 Prozent mehr als ein Benziner. Das öffentliche Ladestationen-Netz ist in der Schweiz zwar vergleichsweise gut ausgebaut, aber weil wir ein Volk von Mietern sind, hapert es mit den privaten Ladestationen, beispielsweise in Einstellhallen mit Mietparkplätzen. Kommt hinzu, dass viele Käufer skeptisch sind, was die Batterie-Lebensdauer von E-Autos angeht, obschon es dafür bislang keine konkreten Hinweise gibt.

Ausserdem erhebt der Bund seit Anfang 2024 die Auto-Importsteuer in Höhe von vier Prozent auch auf E-Autos, was die Anschaffung nochmals verteuert. Und: Eine direkte staatliche Förderung von E-Autos gab und gibt es in der Schweiz nicht, wie dies etwa in Deutschland oder Frankreich der Fall war oder ist. Und nicht zuletzt ist die Autoindustrie grundsätzlich in der Krise: So wurden in der Schweiz 2024 rund zehn Prozent weniger Neuwagen verkauft als 2023.

Nur die halbe Miete: Der ICCT hat die erwartete Entwicklung der PKW-Flotte in Europa untersucht – und dabei andere Möglichkeiten nicht beachtet, wie der CO₂-Ausstoss im Strassenverkehr gesenkt werden könnte. So müsse bei der Diskussion um die Umweltfolgen des Verkehrs auch Vermeidung von Verkehr, Verlagerung (auf den ÖV beispielsweise) und erst an dritter Stelle die Verbesserung diskutiert werden, sagt Eva Heinen. Mit der reinen Prognose der Flottenumrüstung auf Elektroantrieb gemäss ICCT werde nur der dritte Punkt angeschaut, so ihre Kritik.

Schädlicher Flugverkehr: «Grundsätzlich befindet sich die EU aber auf einem guten Weg», betont Heinen. Die geltenden Vorschriften führten dazu, dass Verbrennerautos immer stärker durch E-Autos abgelöst werden. Allerdings müsse man dabei auch bedenken, dass ein heute neu zugelassener Benziner womöglich auch in 20 Jahren noch herumfahren werde. Und: Neben dem Strassenverkehr gebe es auch andere Mobilität, die viel CO₂ ausstosse, beispielsweise der Flugverkehr. Dieser hat mit Ausnahme der Pandemiejahre stark zugenommen – und nimmt weiter zu. «Ich bin mir nicht sicher, ob wir beim Flugverkehr auch auf gutem Weg sind», so die ETH-Professorin.

SRF 4 News aktuell, 15.1.2025, 7:40 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel