Nach tagelangen Spekulationen um sein Privatleben kam François Hollande nicht umhin, die Frage nach der Première Dame des Landes zu beantworten. Es gäbe für viele Partnerschaften Zeiten der Prüfung, sagte er an der mit Spannung erwarteten Medienkonferenz. Doch Privates müsse privat geregelt werden. Dies sei weder der Ort noch die Zeit dafür.
«Ein Dementi des Präsidenten wäre auch absolut unglaubwürdig gewesen», sagte SRF-Korrespondent Michael Gerber in der «Tagesschau». Fakt sei: Valérie Trierweiler habe am Freitag einen Zusammenbruch erlitten und sei bis auf weiteres in Spitalpflege. «Fakt ist auch, dass das Präsidentenpaar im Moment eine Beziehungskrise durchlebt. Das hat Präsident Hollande auch vor den Medien eingeräumt.» Vor diesem Hintergrund sei es nicht erstaunlich, dass er sich sehr wortkarg gegeben habe.
Hollande kündigte an, dass bis 2017 die Unternehmen von bisherigen Sozialabgaben für Familienleistungen befreit werden sollten. Das mache insgesamt 30 Milliarden Euro an Entlastungen aus. Zudem wolle er die Staatsausgaben kürzen – um 15 Milliarden Euro noch in diesem Jahr. Weitere 50 Milliarden Euro sollten bis 2017 hinzukommen. Hollandes sogenannter «Verantwortungspakt» soll auch Vereinfachungen bei den Vorschriften und Steuern für Firmen umfassen.
«Es gibt keine Zeit zu verlieren»
Die Gegenleistungen der Unternehmer sollten landesweit und konkret nach Branchen festgeschrieben werden. Dabei nannte Hollande neben der Schaffung neuer Arbeitsplätze auch Zusagen für ältere Arbeitnehmer oder für Ausbildung.
Hollande sprach von einem «grossen sozialen Kompromiss», «dem grössten seit Jahrzehnten». Er solle Staat, Gebietskörperschaften und Sozialpartner umfassen. Der Präsident rief alle auf, ihrer «Verantwortung» gerecht zu werden. «Es gibt keine Zeit zu verlieren», hob er mit Blick auf die schwachen Wirtschaftszahlen Frankreichs hervor.
Ziel sei es, Frankreich wieder konkurrenzfähig zu machen, die Produktion anzukurbeln und die Arbeitslosigkeit zu senken. Die «Zukunft Frankreichs» und die «Rolle des Landes in der Welt und in Europa» stünden auf dem Spiel, sagte der Präsident weiter.
Reformpolitik im Stil von Schröder
Nach Angaben der Präsidenten soll der Pakt noch im Januar in die Wege geleitet werden. Bei einer grossen Sozialkonferenz im Frühjahr soll er demnach abgeschlossen werden. Letztlich sollten die Neuregelungen in einem Gesetzentwurf für die mittelfristige Planung für 2015 bis 2017 festgeschrieben werden.
Hollande hatte seinen «Verantwortungspakt» erstmals bei seiner Neujahrsansprache am 31. Dezember angeboten. Zahlreiche Unternehmer haben sich seither positiv zu dem Vorschlag geäussert.
Wegen des unternehmerfreundlichen Tons und weil Hollande in der Neujahrsansprache auch «Exzesse» und «Missbrauch» in den sozialen Sicherungssystemen angeprangert hatte, war anschliessend über eine sozialdemokratische oder gar sozialliberale «Wende» des Sozialisten spekuliert worden.
Nicht in allen Punkten überzeugend
«Überzeugend war Hollande vor allem in der Problemanalyse: Nämlich dass die Französische Wirtschaft im internationalen Vergleich überaus stark belastet ist. Besonders ins Gewicht fallen dabei Abgaben und Steuern», sagte SRF-Korrespondent Michael Gerber. Weniger überzeugender sei er bei der Auslegeordnung, wo er das Geld hernehmen wolle zur Entlastung der Wirtschaft.
Die Vision Hollandes, dass die Wirtschaft im Gegenzug eine Million Jobs schaffe, beurteilte SRF-Korrespondent als sehr optimistisch. «Die Gefahr besteht, dass die Wirtschaft diese 30 Milliarden Euro braucht, um die eigenen Margen zu verbessern», sagte Gerber. Wenn dies eintreffen würde, dann hätte sich Hollande heute kolossal verrechnet.