- Tsipras' eigene Parlaments-Mehrheit wackelt
- Junior-Partner Anel macht keine feste Zusagen für Parlamentsabstimmung
- Opposition wird Mehrheit für die Spar- und Reformmassnahmen sichern
Nach dem Reformkompromiss mit der Euro-Zone steht die Links-Rechts-Koalition von Alexis Tsipras vor einer Zerreissprobe. Der rechtspopulistische Junior-Partner «Unabhängige Griechen» (Anel) signalisierte nicht alle Vereinbarungen mitzutragen. Und auch eigene Leute rebellieren. Eine andere Wahl, als die von den Geldgebern verordneten Spar- und Reformauflagen umzusetzen hat der Ministerpräsident trotzdem nicht. Und zwar im Schnellverfahren.
Syriza-Linke wollen Wahlversprechen nicht brechen
Bereits am Mittwoch muss das Parlament einen Teil der Sparmassnahmen und Reformen beschliessen, wie er und sein linkes Parteienbündnis Syriza sie bisher strikt abgelehnt hatten. Gegen diesen Bruch der Wahlversprechen, mit denen Tsipras' Koalition im Januar nach sechsjähriger Rezession angetreten war, rebelliert der linksradikale Flügel von Syriza.
Ein Teil der Syriza-Abgeordneten will das Sparpaket bei der Abstimmung am Mittwoch nicht mittragen. In den Medien wird bereits über eine mögliche Abspaltung des linken Flügels von Syriza und die Gründung einer «Partei der Drachme» spekuliert.
Auch vom Koalitionspartner gibt es keine eindeutige Rückendeckung
Und auch das heutige Treue-Bekenntnis des rechtspopulistischen Koalitionspartners, der Unabhängigen Griechen, steht auf einigermassen wackligen Füssen. «Wir unterstützen die Regierung», versicherte Parteichef Panos Kammenos zwar. Aber ob seine Fraktion die Sparvorhaben im Parlament mittragen wird, wollte er nicht sagen.
Und obwohl Ministerpräsident Alexis Tsipras nach wie vor das Vertrauen einer Mehrheit der Griechen zu geniessen scheint, regt sich auch auf der Strasse Widerstand.
Die Staatsbediensteten, die Apotheker und das Pflegepersonal in staatlichen Krankenhäusern wollen am Mittwoch aus Protest gegen das Sparpaket streiken. Reformgegner riefen zu Demonstrationen auf.
Tsipras hat sich verpokert
Tsipras muss nun teuer für eine Fehlkalkulation bezahlen, die ihm bei der Ansetzung einer Volksabstimmung über Einsparungen und Reformen unterlaufen war. Der Regierungschef war davon ausgegangen, dass das massive Nein der Griechen beim Referendum seine Verhandlungsposition stärken würde. Es trat jedoch genau das Gegenteil ein: Die Geldgeber sahen darin ein Untergraben der Vertrauensbasis und machten Athen besonders strenge Auflagen.
Die Regierung bewegt sich auf einem politischen Minenfeld
In all dem Wirrwarr hat Tsipras einen wichtigen Trumpf in der Hand: Die Oppositionsparteien der Konservativen (ND), der Liberalen (Potami/Fluss) und der Sozialisten (Pasok) kündigten an, im Parlament für die Sparmassnahmen zu stimmen. Damit hat der Regierungschef eine breite Mehrheit praktisch sicher.
Unterstützung der Reformen Ja, Regierungsbeteiligung Nein
Allerdings denken die proeuropäischen Parteien nicht daran, sich als Koalitionspartner an der Regierung zu beteiligen. ND und Pasok haben nicht vergessen, dass sie in der Vergangenheit als Regierungsparteien von den Wählern für Sparbeschlüsse bitter abgestraft worden waren.