Nach den Freitagsgebeten sind in Ägypten erneut zehntausende Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi auf die Strassen geströmt. Sie forderten seine Rückkehr ins Amt.
In der Rabea-al-Adawija-Moschee in Kairo heizte einer der Vorbeter die Stimmung an. Er forderte die Anwesenden auf, weiter zu protestieren – notfalls bis zum Tod. «Auch wenn sie uns alle töten, wir werden nicht weichen», rief er den Gläubigen zu. «Die Orte des Protests sind wie ein Stück vom Paradies.»
Andere forderten die Armee, die den demokratisch gewählten Präsidenten Mursi Anfang Juli gestürzt hatte, zur Rückkehr in die Kasernen auf. «Soldaten, ihr habt nichts in der Politik verloren», rief ein Redner der Fäuste schwingenden Menge zu.
Die Sicherheitskräfte waren in der Nähe der Moschee nicht zu sehen. Das Militär hat ein Eingreifen angekündigt, sollten die Demonstranten nicht friedfertig gehen. Beobachter erwarten zwar, dass die Armee nicht vor dem Ende des Festes zum Fastenbrechen am Sonntag einschreitet. Dann aber könne es ernst werden. «Die Situation ist sehr gefährlich», sagte ein westlicher Diplomat.
Verletzte und Festnahmen ausserhalb von Kairo
Die Stimmung zwischen Anhängern und Gegnern Mursis bleibt auch in anderen Landesteilen angespannt. In mehreren ländlichen Regionen kam es zu Zusammenstössen. In der Provinz Fajum feuerte die Polizei Tränengrasgranaten auf Anhänger und Gegner Mursis ab. Sieben Demonstranten und fünf Polizisten wurden verletzt.
Grössere Kundgebungen gab es auch in der Hafenstadt Alexandria. Ausserdem meldete die staatliche Zeitung «Al-Ahram» Zusammenstösse aus einer Provinz im Nildelta. Dort wurden 13 Islamisten festgenommen, ausserdem gab es vier Verletzte.
Verfahrene Situation
Die Militärs hatten den Sturz Mursis mit dem Argument verteidigt, den Volkswillen umzusetzen. Rund 300 Menschen kamen seither ums Leben. Seit Mittwoch hat sich die Lage zugespitzt, nachdem die vom Militär eingesetzte Regierung die internationalen Vermittlungsbemühungen für gescheitert erklärt hatte. Zuvor hatten sich Politiker aus der EU und den USA um eine Lösung des Konfliktes bemüht.
Nach Einschätzung von Diplomaten kann sich die Lage nur beruhigen, wenn ein ehrenhafter Ausweg für Mursi gefunden wird, seit dem Umsturz inhaftierte politische Gefangene freigelassen werden und die Muslimbrüder auch künftig eine politische Rolle spielen dürfen. Bislang weigern sich die Muslimbrüder, die Absetzung Mursis anzuerkennen.