Noch sind die Trümmer in der Stadt Jos nicht vollständig weggeräumt, kommt schon die nächste Schreckensmeldung aus Nigeria. Bei einem Angriff islamischer Terroristen auf ein Dorf im Nordosten sind am Morgen 30 Menschen getötet worden. Der Überfall auf Shawa erfolgte nur zwölf Stunden nach einem Anschlag in Jos, wo über 100 Menschen bei Bombenanschlägen starben.
Die bewaffneten Angreifer in Shawa im Bundesstaat Borno drangen gegen 4 Uhr in das Dorf ein und zündeten Häuser an. Ein überlebender Bewohner des Ortes habe berichtet, die Männer hätten «Allahu akbar» (Gott ist gross) rufend um sich geschossen.
Heimtückischer Doppelanschlag
Bereits gestern waren bei einem Bombenanschlag auf den belebten Markt der zentralnigerianischen Stadt Jos 118 Menschen getötet und 56 weitere verletzt worden. Zwei Autobomben waren gesprengt worden.
Der Terroranschlag in Jos war besonders tückisch. Zahlreiche Helfer, die sich nach der ersten Explosion um die zum Teil unter Trümmern begrabenen Opfer und Verletzten bemühten, wurden durch eine zweite Explosion in den Tod gerissen.
Eine Bombe habe sich in einem Lastwagen befunden, ein anderer Sprengsatz in einem Minibus, berichtete ein Offizier der Spezialeinsatzkräfte. Bis in die Morgenstunden suchten Rettungskräfte am verwüsteten Tatort nach Toten und Verletzten. Bis zum Abend lagen mächtige Rauchwolken über dem Ort.
Keine Spur von entführten Mädchen
Nigerias Präsident Goodluck Jonathan sprach von einem «tragischen Anschlag auf die menschliche Freiheit». Die Regierung werde die Anstrengungen im Kampf gegen den Terror noch weiter intensivieren. Dabei sollten auch multinationale Truppen helfen, die am Tschadsee im Nordosten Nigerias stationiert sind.
Boko Haram ist seit 2009 verantwortlich für den Tod Tausender Menschen in Nigeria, dem bevölkerungsreichsten Land Afrikas. Erst Mitte April hatte die Terrorgruppe mehr als 200 Schulmädchen entführt. Bisher fehlt trotz der Unterstützung von amerikanischen und europäischen Experten und dem Einsatz von westlichen Aufklärungsflugzeugen noch jede Spur von den Mädchen.
Über 300'000 Menschen auf der Flucht
Frankreich und Nigeria sowie vier andere afrikanische Länder hatten am vergangenen Samstag bei einem Anti-Terrorgipfel einen Aktionsplan gegen die Terrororganisation beschlossen. Man werde den Informationsaustausch der Geheimdienste verstärken, sagte der französische Präsident François Hollande. Eine Militäraktion des Westens gegen Boko Haram schloss er allerdings aus.
Der Terror der Extremisten treibt im Norden Nigerias immer mehr Menschen in die Flucht: Rund ein Jahr nach der Verhängung des Ausnahmezustands in den besonders schlimm betroffenen Bundesstaaten Yobe, Borno und Adamawa wurden dort nach UN-Angaben 250'000 Menschen vertrieben. Rund 60'000 weitere hätten in Kamerun, Tschad und Niger Zuflucht gesucht.