Die brasilianische Regierung wird von einem Korruptionsskandal erschüttert. Offenbar flossen für den Bau von Raffinerien und Bohrinseln des Ölkonzerns Petrobras milliardenschwere Schmiergelder. Die Justiz greift durch – und nimmt die führenden Industriellen des Landes ins Visier. Im Zentrum des öffentlichen Interesses stehen aber nicht nur korrupte Unternehmer, sondern auch Staatspräsidentin Dilma Rousseff.
Geld für Sozialausgaben umgelenkt
Der Rechnungshof hat Rousseffs Staatsrechnung nicht einfach durchgewinkt. Das war in Brasiliens Geschichte noch nie passiert. Die sozialdemokratische Opposition hatte darauf hingewiesen, dass Rousseffs Regierung möglicherweise bei der Rechnungsführung gegen Gesetze verstossen habe. Der Vorwurf: Die Regierung habe Geld, das für die Staatsbanken bestimmt gewesen sei, zurückbehalten und damit Sozialausgaben bestritten. Das wäre illegal, denn diese Banken dürfen der Regierung keine Kredite gewähren.
Amtsenthebungsverfahren droht
Dilma Rousseff hatte bis am Dienstag Zeit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Der Rechnungshof will im August entscheiden, ob er die Staatsrechnung abnimmt oder zurückweist. Bei einer Zurückweisung würde die Lage für die Präsidentin ungemütlich: Die Folge wäre wahrscheinlich ein Amtsenthebungsverfahren im Parlament. Gemäss Umfragen würden zwei von drei Brasilianern ein solches Verfahren begrüssen, und nur noch acht Prozent sind mit der Amtsführung Rousseffs zufrieden.