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International «Die Diplomatie ist die Verliererin in dem Konflikt»

Die Friedensgespräche in Minsk sind am Wochenende ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Nun wächst in den USA die Bereitschaft, die Ukraine auch mit Waffen zu unterstützen. Die pro-russischen Separatisten haben ihrerseits neue Angriffe gestartet und eine Massen-Mobilmachung angekündigt.

SRF News: Ein pro-russischer Separatistenführer hat angekündigt, 100'000 Kämpfer mobilisieren zu wollen. 100'000 Mann unter Waffen, ist das überhaupt realistisch?

Christof Franzen

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Der Journalist arbeitet seit 2003 für SRF, seit 2007 als Korrespondent in Moskau.

Christof Franzen: Theoretisch gesehen ja, da nach wie vor mehrere Millionen Menschen in diesen Gebieten von Lugansk und Donezk wohnen. Ich konnte kürzlich mit zwei Rebellen reden. Beide sind im mittleren Militärkader. Und beide gaben sich positiv. Sie sagten, dass sie jetzt mehr finanzielle Möglichkeiten hätten. Und auch, dass der Winter langsam vorbei gehe, was weitere Kämpfer anziehe. Sie sagten auch, dass es jetzt viele zivile Tote gebe, und dass junge Männer deshalb zum Teil aus Rache den Rebellen beitreten wollen. Von anderer Seite habe ich zudem gehört, dass leichter psychologischer Druck auf junge Männer ausgeübt werde, sich doch den Rebellen anzuschliessen. Aber realistischerweise muss man sagen, dass es kaum möglich ist, so viele Männer zu mobilisieren. Wer den Separatisten beitreten wollte, konnte das stets tun. Grundsätzlich ist der Wille zum Kampf in der Bevölkerung aber sehr tief. Und darüber beklagen sich die Separatistenführer auch selbst immer.

Was weiss man konkret über die tatsächliche Grösse der Truppen auf separatistischer Seite?

Einer der Rebellen, mit denen ich geredet habe, sprach von 20'000 Männern. Ein Militärexperte in Kiew sagte mir, es dürften um die 40'000 sein. Und die Nato und die Regierung in Kiew sagen, dass unter diesen 40'000 Kämpfern rund 1000 bis 9000 russische Soldaten sein könnten. Das ist etwas, was Moskau stets bestreitet.

Die Zahl 100'000 ist in dem Fall doch ziemlich hochgegriffen?

Audio
Interview mit SRF-Korrespondent Christoph Franzen
aus SRF 4 News aktuell vom 03.02.2015.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 13 Sekunden.

Ja, die ist hochgegriffen. Der Rebellenführer Tsakarschenko ist auch ein bisschen zurückgekrebst. Er hat gesagt, es seien nicht 100'000 neue Kämpfer, sondern man wolle das bisherige Kontingent einfach auf 100'000 aufstocken. Aber ich halte selbst das für unrealistisch.

In den USA wird diskutiert, die Regierung in Kiew auch mit Waffen zu unterstützen. Wie wird diese Nachricht in Moskau aufgenommen?

In Moskau wird eher zurückhaltend darauf reagiert. Man hat einfach konstatiert, dass im Moment keine Waffen aus den USA geliefert werden. Man spricht vom Konflikt in der Ostukraine immer von einem Bürgerkrieg, der mit provoziert worden sei von den USA, weil diese den Aufstand auf dem Maidan-Platz letztes Jahr unterstützt hatten. Das heisst, die Angst vor Waffenlieferungen aus den USA ist im Moment nicht so gross. Was in Moskau viel grössere Sorgen macht, sind allenfalls neue Sanktionen. Insbesondere wenn man Russland den Zugang zum Zahlungssystem Swift verwehren würde, dann hätte das verheerende Folgen. Der Kreml hat für diesen Fall ganz klar mit grossen und schweren Retourkutschen gedroht.

Die Friedensgespräche in Minsk sind gescheitert. Wie geht es jetzt auf diplomatischer Ebene weiter?

Die Diplomatie ist die Verliererin in diesem Konflikt. Beide Seiten versuchen jetzt militärisch, auf dem Feld, neue Fakten zu schaffen. Der Stein des Anstosses ist im Moment die Waffenstillstandslinie. Kiew verlangt von den Rebellen, dass sie sich auf die Linie, auf die man im September geeinigt hatte, zurückziehen. Aber die Separatisten sagen, sie wollen die Gebietsgewinne, die sie in dieser Zeit gemacht haben, behalten. Dabei handelt es sich um rund 500 Quadratkilometer. Das ist viel. Im Moment haben sich offenbar beide Seiten entschieden, um jedes Dorf, um jeden Boden weiter zu kämpfen. Irgendwann wird die schwächere Partei einfach nachgeben müssen und es werden neue Linien gezogen. So wie es aussieht, sind die Ukrainer derzeit am kürzeren Hebel.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge

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