In Irak bereiten sich Regierungstruppen und Kämpfer der Terrormiliz IS auf eine neue Schlacht um die strategisch wichtige Stadt Ramadi vor. Während die Armee Panzer und Artillerie-Geschütze in der Provinz Anbar in Stellung brachte, legten die Islamisten nach Angaben von Augenzeugen Minenfelder an und errichteten Verteidigungsanlagen.
Sunniten gegen Schiiten?
Ein Vertreter der örtlichen Regierung rief die meist sunnitische Bevölkerung auf, sich während der Kämpfe gegen den IS zu erheben, der sich ebenfalls aus Sunniten zusammensetzt. Aufseiten der Armee stehen unter anderem Tausende schiitische Milizionäre bereit, um die Stadt zurückzuerobern. Sie sprachen von einer bevorstehenden «Schlacht um Anbar».
Insbesondere in den USA ist der Einsatz der schiitischen Milizen gegen den sunnitischen IS umstritten, da sie von Iran unterstützt werden. Zudem wird befürchtet, dass aus dem Kampf gegen den IS ein offener Konflikt zwischen den beiden islamischen Glaubensrichtungen werden könnte. Allerdings ist die irakische Armee nicht stark genug, um allein gegen die Islamisten bestehen zu können.
Ein Sprecher der US-Regierung betonte am Dienstag, die schiitischen Kämpfer stünden unter dem Kommando der irakischen Regierung. Die USA unterstützten in dieser Konstellation ihren Einsatz. Nach dem Fall von Ramadi war aus US-Regierungskreisen verlautet worden, Irak habe keine wirkliche Alternative dazu. «Man muss mit der Armee kämpfen, die man hat», sagte ein Insider. «Und das ist die Armee, die sie haben.»
Tausende Menschen auf der Flucht
Nach der Einnahme Ramadis durch die IS-Extremisten flohen nach UNO-Angaben bis zu 25'000 Menschen aus der Region. Die meisten von ihnen versuchen, in die Hauptstadt Bagdad zu gelangen. UNO-Hilfskoordinatorin Lise Grande sagte, die Flüchtlinge seien in grossen Schwierigkeiten. «Wir müssen alles Menschenmögliche tun, um ihnen zu helfen.»
Die flüchtenden Sunniten warfen der irakischen Regierung vor, tausenden Menschen aus Ramadi den Weg nach Bagdad zu versperren. Die Flüchtlinge könnten den Euphrat nicht überqueren, weil südöstlich von Ramadi eine Brücke über den Fluss gesperrt sei. Offenbar befürchtet die Regierung, unter die Flüchtenden könnten sich IS-Kämpfer gemischt haben, um unbemerkt nach Bagdad zu gelangen.
Die IS-Extremisten hatten das rund 110 Kilometer westlich von Bagdad gelegene Ramadi am Wochenende eingenommen. Damit beherrschen sie die Provinz nun fast vollständig. Die Armee kontrolliert nur noch einige Orte und Militärstützpunkte. Anbar war nach dem Sturz Saddam Husseins Zentrum des sunnitischen Widerstands gegen die US-Truppen.