Die Karriere von Manuel Valls erlebt am 31. März 2014 ihren vorläufigen Höhepunkt. An diesem Tag ernennt Staatspräsident François Hollande seinen 51-jährigen Parteikollegen der Parti Socialiste (PS) zum Premierminister. Die hatten zuvor eine empfindliche Wahlschlappe bei den Kommunalwahlen einstecken müssen. Premierminister Jean-Marc Ayrault und die Vorgängerregierung hatten als Konsequenz daraus den Rücktritt erklärt.
Valls ist populär – die Regierung nicht
Hollande boxte Valls als Premierminister gegen den Widerstand seiner Partei durch. Wohl auch aus Dankbarkeit dafür, dass dieser ihm im Präsidentschaftswahlkampf 2012 den Rücken stärkte. Valls selber scheiterte bei der Kandidatenkür mit lediglich sechs Prozent Zustimmung aus der PS.
Vor seiner Ernennung zum Premier war Manuel Valls knapp zwei Jahre als Innenminister Teil der alten, unpopulären Regierung. Seiner Beliebtheit konnte das nichts anhaben – im Gegenteil. Während Hollandes Sympathiewerte in den Keller rauschten, erfreut sich Valls grösster Beliebtheit beim Volk – trotz oder gerade wegen politischer Massnahmen. Die entsprechen allerdings nicht dem klassischen Bild eines Linken.
Valls setzt sich gegen Ayrault durch
Valls steht für einen harten Kurs gegen illegal in Frankreich lebende Ausländer. Einem Grossteil der Roma attestierte er öffentlich mangelnden Integrationswillen. Es sei besser, wenn sie nach Rumänien oder Bulgarien zurückkehrten, sagte Valls einmal in einem Interview.
Dabei wurde Valls selber erst mit 20 Jahren französischer Staatsbürger. Seine Mutter stammt aus der Schweiz, sein Vater aus Spanien.
Valls setzte sich auch durch, als es im vergangenen Herbst heftige Schüler- und Studentenproteste gegen die Abschiebung einer Roma-Familie in den Kosovo gab. Lediglich die 15-jährige Tochter bekam ein Rückkehr-Angebot. Für Ärger hatte die Abschiebung vor allem gesorgt, weil die Polizei das Mädchen bei einem Schulausflug abgeholt hatte.
«Er hat sich durchgesetzt. Angesichts der Demonstrationen wollte der damalige Premierminister und Parteikollege Jean-Marc Ayrault Zugeständnisse machen», sagt SRF-Korrespondent Michael Gerber. Valls ist nun Ayraults Nachfolger.
Der Sarkozy-Vergleich
Ausländerpolitik und Durchsetzungsvermögen – kein Wunder, wird in der Öffentlichkeit häufig der Vergleich zum ehemaligen konservativen Staatschef Nicolas Sarkozy gezogen. Tatsächlich wollte dieser den aufstrebenden Star am französischen Polithimmel 2007 für sein Kabinett gewinnen. Valls nahm das Angebot aber nicht an.
«Der Vergleich mit Sarkozy schadet ihm nicht», glaubt Gerber. «Die Franzosen mögen Politiker mit Ecken und Kanten, die sich zu inszenieren wissen.» Bei den linken Wählern käme das natürlich nicht so gut an.
Bürgermeister im Problembezirk
Valls war von 2001 bis 2012 Bürgermeister von Évry. Dort schärfte er sein politisches Profi. Évry ist die Stadt in Frankreich mit dem niedrigsten Altersschnitt: Die Kriminalität ist hoch, viele Einwohner haben einen Migrationshintergrund. Von denen erwarte er mehr Integrationsbemühungen, sagte Valls einst und holte sich prompt einen Rüffel seiner Partei ein.
Dass er den Begriff «Sozialismus» aus dem Parteiprogramm streichen wollte, brachte das innerparteiliche Fass fast zum Überlaufen. Parteichefin Martine Aubry forderte Valls 2009 in einem offenen Brief zum Austritt aus der Partei auf. Valls blieb und sorgt aktuell dafür, dass die Sozialisten in Zukunft wieder auf mehr Zustimmung hoffen dürfen.
Valls ist nicht Renzi
Viele sehen in ihm bereits den legitimen Nachfolger Hollandes, wenn der 2017 nicht mehr antreten sollte. Einen Sturz Hollandes durch Valls, analog zum Fall Letta/Renz in Italien, schliesst Gerber aus. «Hollande hat im Vergleich zu Letta eine viel stärkere Machtposition als Staatspräsident. Notfalls kann er Valls von heute auf morgen entlassen.»