Die EU und Russland haben mit einem Besuch von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ein Zeichen der Wiederannäherung nach zwei Jahren Konflikt gesetzt. Am Rande des Internationalen Wirtschaftsforums in St. Petersburg (Spief) traf Juncker erstmals seit längerem mit Präsident Wladimir Putin zusammen.
Juncker verlangte in klaren Worten, Moskau solle die Minsker Vereinbarungen für Frieden in der Ukraine vollständig umsetzen. Nur dann könne Russland mit einer Aufhebung der Wirtschaftssanktionen rechnen. Zugleich trat Juncker dafür ein, trotz Misstrauen zwischen Russland und der EU im Gespräch zu bleiben und die wirtschaftlichen Beziehungen auszubauen.
Wegen der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim und der Militärhilfe für prorussische Separatisten in der Ostukraine hatte die EU 2014 Sanktionen gegen Moskau verhängt. Diese sollen im Sommer verlängert werden.
Kein EU-Kompromiss
Russland kann sich kurzfristig punkto Sanktionen kaum Kompromissbereitschaft von der EU erhoffen. «Es sieht derzeit so aus, als ob die europäischen Staats- und Regierungschefs die Sanktionen um weitere sechs Monate verlängern werden», sagt SRF-Korrespondent Christof Franzen.
Was danach kommt, ist noch offen. «Der Unmut über diese Sanktionen innerhalb der EU wächst.» Denn auch manche EU-Länder wollen wieder mit Russland Geschäfte machen.
«Länder wie Italien, Griechenland, Österreich oder auch Politiker in Deutschland weisen darauf hin, das letztes Jahr das Handelsvolumen zwischen der EU und Russland um 25 Prozent gesunken ist. Nicht nur wegen der Sanktionen, aber auch», sagt Franzen.
Doch sind es nicht vor allem die Russen, die unter den Sanktionen leiden? «Putin weiss das russische Volk hinter sich: 70 Prozent der Russen wollen, dass Putin seine Aussenpolitik so weiterführt. Auch wenn das weitere Sanktionen mit sich bringt», sagt Franzen. Dies lasse sich nicht nur mit Propaganda erklären. «Es scheint einen tiefen Wunsch der Russen nach einer offensiveren, selbstbewussteren und aktiveren russischen Aussenpolitik zu geben.»