Nach der Antragsflut der ersten vier Prozesstage soll bei der nächsten Sitzung des NSU-Verfahrens – in knapp drei Wochen – mit der Vernehmung der Angeklagten begonnen werden. Das kündigte der Vorsitzende Richter des Münchner Oberlandesgerichts, Manfred Götzl, an.
Vor dem Oberlandgericht (OLG) müssen sich die mutmassliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier mutmassliche Helfer des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) verantworten. Der NSU, zu dem die verstorbenen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zählten, soll für zehn Morde, zwei Bombenanschläge und fünfzehn Banküberfälle verantwortlich sein.
Nachdem die Verteidiger Zschäpes und des Mitangeklagten Ralf Wohlleben eine Vielzahl von Anträgen unter anderem gegen das Gericht, die Bundesanwaltschaft und zu Verfahrensfragen gestellt hatten, äusserte Götzl die Absicht, nun mit den Anträgen zu einem Ende zu kommen und mit der Beweisaufnahme zu beginnen. Die Verteidiger kündigten daraufhin fürs erst keine weiteren Anträge an.
NPD-Funktionär wird sich erklären
Bei einer Abfrage Götzls zur Aussagebereitschaft kündigten Zschäpes Verteidiger an, dass diese weder zu ihrem persönlichen Werdegang, noch zu den Tatvorwürfen aussagen wolle. Auch der mitangeklagte André E. will nicht aussagen.
Der neben Zschäpe als einziger Angeklagter noch in Untersuchungshaft sitzende ehemalige NPD-Funktionär Wohlleben will zwar auch nicht persönlich aussagen. Seine Verteidiger kündigten aber an, für ihren Mandanten eine Erklärung abgeben zu wollen.
Verteidigung erhält Einsicht in NSU-Namensliste
Die beiden mutmasslichen NSU-Helfer kündigten an, aussagen zu wollen. Sie hatten bereits gegenüber der Polizei umfassende Angaben gemacht. Die Verhandlung ist planmässig bis zum 4. Juni unterbrochen, da in Bayern nun zweiwöchige Pfingstferien beginnen.
Wie bereits an den Vortagen beriet das Gericht auch heute eine Reihe von Anträgen. Unter anderem lehnte es ab, den gesamten Prozess aufzeichnen zu lassen und Akten des Bundestags-Untersuchungsausschusses zum NSU anzufordern.
Durchsetzen konnten die Verteidiger dagegen die auch von mehreren Nebenklägern geforderte Einsicht in eine Liste mit 129 Namen aus dem Umfeld des NSU. Über diese Liste verfügt bisher nur der NSU-Ausschuss des Bundestages. Bundesanwalt Herbert Diemer kündigte an, die Liste für den Prozess zu übersenden.
Auch Kölner Anschlag wird in München verhandelt
Das Gericht entschied ausserdem, den dem NSU zugerechneten Nagelbombenanschlag in Köln von 2004 nicht abzutrennen. Die 2011 gestorbenen mutmasslichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sollen 2004 in der von vielen türkischstämmigen Migranten bewohnten Keupstrasse eine Nagelbombe gezündet haben. Dabei gab es mindestens 22 Verletzte.
Eine Abtrennung des Verfahrens wurde diskutiert, weil womöglich wegen des Anschlags neue Nebenkläger auftreten könnten.