Die EU-Innenminister kommen zu einem Sondertreffen in Brüssel zusammen, um über eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu beraten.
Vor allem die osteuropäischen EU-Staaten wehren sich gegen den Plan eines verbindlichen Quotensystems. Sie wollen lieber von Fall zu Fall entscheiden, wie viele Menschen sie aufnehmen.
Kritik gibt es auch an der Berechnung der Quoten, die sich zu je 40 Prozent an Bevölkerungszahl und Bruttoinlandsprodukt und zu je zehn Prozent an der durchschnittlichen Zahl von Asylanträgen und der Arbeitslosenquote orientiert.
Polen signalisiert Kompromisbereitschaft
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte kürzlich die Verteilung von 160'000 Flüchtlingen nach einem festen Verteilungsschlüssel vorgeschlagen. Die tschechische und die slowakische Regierung kündigten am Sonntag bereits an, dass sie ein verbindliches Quotensystem weiter ablehnen.
Polen erklärte sich unter Bedingungen bereit, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Wenn die EU-Aussengrenzen gesichert und eine klarere Unterscheidung zwischen Asylberechtigten und Wirtschaftsflüchtlingen getroffen werde, könne Polen mehr Menschen aufnehmen, sagte Aussen-Staatssekretär Rafal Trzaskowski.
Gemäss dem Brüsseler SRF-Korrespondenten Sebastian Ramspeck soll auch Tschechien nach anfänglichem Widerstand inzwischen Gesprächsbereitschaft signalisieren, nachdem die vorbereitenden Botschafter gestern bis spät in die Nacht getagt haben.
Bei dem Treffen sollen zudem Entscheidungen zur Einstufung von Ländern als sichere Herkunftsländer fallen.
Amnesty warnt
Nach der Wiedereinführung von Grenzkontrollen durch Berlin warnt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International vor fatalen Folgen. «Flüchtlinge in Ungarn drohen im lebensgefährlichen Chaos zu versinken», hiess es in einer gemeinsamen Erklärung der deutschen und der österreichischen Sektion von Amnesty.
Es sei das Gebot der Stunde, ein gemeinsames Hilfsangebot an Ungarn zu richten und das Land bei der Erstaufnahme von Schutzsuchenden zu unterstützen.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und ihr österreichischer Amtskollege Werner Faymann dürften ihre «Menschenrechte zuerst»-Haltung nicht durch überfallartige Grenzschliessungen oder Bahnsperren infrage stellen, forderten beide Organisationen.
«Gleichzeitig muss durch eine geordnete und zügige Weiterfahrt die humanitäre Notsituation in Ungarn entschärft und eine menschenrechtskonforme Aufnahme von Flüchtlingen in anderen EU-Ländern ermöglicht werden.»