Die deutsche Stadt München kann erstmals seit Beginn der grossen Flüchtlingswanderung vor einer Woche nicht mehr allen Ankommenden eine Notunterkunft bieten. Nach Schätzungen kamen bis Mitternacht rund 12'200 Menschen am Münchner Hauptbahnhof an.
Weitere 750 Flüchtlinge haben am frühen Sonntagmorgen den Hauptbahnhof München erreicht. Das teilte ein Sprecher der Bundespolizei mit. Prognosen zur erwarteten Zahl neu ankommender Menschen wollte die Bundespolizei nicht nennen. Ein rückläufiger Trend sei jedoch nicht zu erwarten, hiess es.
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kritisierte erneut die mangelnde Unterstützung aus anderen Bundesländern. Ausser nach Nordrhein-Westfalen seien am Samstag lediglich acht Busse mit insgesamt 400 Menschen in andere Bundesländer gestartet. «Das ist einfach lächerlich», sagte Reiter. München übernehme gerade eine nationale Aufgabe.
Übernachten in der Olympiahalle
Die Behörden wollen die Olympiahalle kurzfristig als Übernachtungsstätte herrichten. Auch sei die Errichtung von Zelten geplant. Nach Angaben ehrenamtlicher Helfer haben die Arbeiten unter anderem in der Olympiahalle bereits begonnen.
Feldbetten seien kaum noch zu bekommen. Man werde auf Isomatten und Decken umsteigen müssen, sagte der Oberbürgermeister. Die Hilfsbereitschaft der Münchner sei jedoch ungebrochen. Notfalls werde man einen Aufruf über die sozialen Medien starten. Das habe immer bestens funktioniert. Schon am Samstagabend kamen Menschen und brachten Decken und Isomatten in den Hauptbahnhof.
Seit Tagen absehbar
Die Situation sei seit Tagen absehbar gewesen. Dennoch habe sich nichts getan. Er sei «bitter enttäuscht, dass es nun auf eine Situation zuläuft, in der wir sagen müssen: Wir haben für ankommende Flüchtlinge keinen Platz mehr.» Tausende weiterer Menschen würden in den nächsten Tagen ankommen. Die Balkanroute sei voller denn je, hiess es.
Bereits am Samstagmittag hatte Reiter gesagt, er finde es seitens der anderen Bundesländer nach zehn Tagen «absolut dreist, zu sagen: Wir sind am Anschlag». Wer so spreche, solle sich in München ansehen, was «am Anschlag» bedeute.
Appell an Merkel
Reiter und Hillenbrand wiederholten ihren Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel und die anderen Bundesländer, München und die Region nicht allein zu lassen. Jeder Zug, der in einer anderen Kommune ankomme, sei eine Entlastung für München. Auch die Deutsche Bahn und private Bahnunternehmen seien an der Grenze ihrer Kapazitäten.
Wegen der sich dramatisch zuspitzenden Lage kommt das bayerische Kabinett an diesem Sonntag zu einer Sondersitzung zusammen, um weitere Sofortmassnahmen zu beschliessen. Die bayerische Landeshauptstadt München hat seit Ende August 63'000 Flüchtlinge empfangen und versorgt.