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International «Europa kann die Probleme nur gemeinsam mit Afrika lösen»

Bundespäsidentin Sommaruga betont nach dem Migrationsgipfel von Malta die konstruktive Atmosphäre, die bei den Gesprächen zwischen den europäischen und afrikanischen Staaten geherrscht habe. Es gebe nun eine Basis für weitere Diskussionen.

SRF News: Ist man dem Ziel, dass sich die Lebensbedingungen in Afrika verbessern, beim Gipfel in Malta einen Schritt näher gekommen?

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga: Das Bewusstsein, dass wir ein gemeinsames Interesse haben, ist sowohl von afrikanischer wie auch von europäischer Seite deutlich geworden. Die Migration hat ja Gründe, und einer davon ist, dass Menschen ihr Land verlassen, weil sie dort keine Perspektive haben. Natürlich löst man in zwei Tagen nicht alle Probleme, die zur Migration führen. Wenn man weiterkommen will, braucht es wirtschaftliche Entwicklung in den afrikanischen Staaten. Dies zu erkennen ist ein erster und wichtiger Schritt. Der Wille, das gemeinsam hinzukriegen, ist in den vergangenen zwei Tagen sehr stark zum Ausdruck gekommen.

Das Einzige, was man tun kann, ist die Zusammenarbeit zu verbessern.

Die Menschen kommen ja illegal nach Europa, weil es keine legalen Möglichkeiten der Immigration gibt. Warum ist Europa so knausrig?

Milliardenfonds

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Die europäischen Staaten haben am Malta-Gipfel einen Fonds im Gesamtumfang von 3,6 Milliarden Euro zugesagt. Die Hälfte davon hatte bereits die EU-Kommission beschlossen. Die Schweiz beteiligt sich mit 5 Millionen Franken an dem Fonds. Mit dem Geld will Europa den afrikanischen Staaten bei der Bekämpfung der Armut helfen.

Knausrig ist wohl nicht das richtige Wort, wenn man die Situation in Deutschland, Schweden, Österreich oder Slowenien anschaut. Doch mittel- und langfristig werden wir nicht darum herumkommen, über mehr legale Migrationsmöglichkeiten zu sprechen. Doch das muss man möglichst in Ruhe tun können, man muss sich einig werden, was drinliegt. Die Schweiz macht in diesem Bereich einzelne, nicht unbedeutende Schritte. So öffnen wir die Schweiz beispielsweise für Ausbildungsmöglichkeiten, etwa, indem eine Person aus Afrika einen Stage bei uns machen kann. Allerdings müssen Ausbildung und Entwicklung letztlich in den afrikanischen Staaten erfolgen. Hier könnten wir noch mehr tun.

Was sagen Sie zur Kritik der Entwicklungsorganisationen, Europa bezahle, damit die Menschen zuhause in Afrika bleiben?

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Das wäre eine grosse Vereinfachung und so funktioniert das auch nicht. Das Einzige, was man tun kann, ist die Zusammenarbeit zu verbessern. Der Gipfel hier auf Malta zeigt, dass der Wille dazu besteht. Es ist klar, dass es dafür auch Geld von Seiten Europas braucht. Mit dem vereinbarten Hilfsfonds im Umfang von 1,8 Milliarden Euro will Europa ein Zeichen setzen. Die Migration beschäftigt aber nicht nur Europa, sondern auch die afrikanischen Staaten. Wichtig ist, dass das Bewusstsein, dass wir die Lebensbedingungen in Afrika verbessern müssen, stark zum Ausdruck gekommen ist. Das ist eine gute Basis für die weiteren Arbeiten.

Die Rückführungen nach Afrika waren für die EU das zentrale Thema vor dem Gipfeltreffen. Warum sollten die afrikanischen Staaten jetzt, nach dem Gipfel, plötzlich kooperieren?

Nach dem Gipfel ist nicht einfach alles besser. Aber das Bewusstsein dafür, dass es nicht nur Rechte und gegenseitige Erwartungen, sondern auch Pflichten gibt, ist gestiegen. Dazu gehört etwa, die eigenen Bürger zurückzunehmen und sie in der Gesellschaft zu reintegrieren. Das ist ein wichtiges, aber auch heikles Thema. Trotzdem konnten wir das Thema sehr ruhig und sachlich diskutieren. Ich halte es für erfolgversprechend, auf dieser Basis weiterzufahren. Die Schweiz tut dies im Rahmen der Migrationspartnerschaften ja schon länger. Dort ist die Rückkehr auch immer ein Bestandteil. Trotzdem geht es um mehr: Es ist eine Zusammenarbeit und ein Bewusstsein, dass man gemeinsame Probleme nur gemeinsam lösen kann.

Das Gespräch führte Oliver Washington.

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