Es sind Hunderte. Das Interesse an François Hollandes Reformvorschlägen reicht für einmal weit über Frankreich hinaus. Journalisten aus aller Welt harren seiner Worte anlässlich der halbjährlichen präsidialen Medienkonferenz im Elysée-Palast. Die Vorschläge des Präsidenten sind nicht neu. Die Vehemenz, mit der er sie vorträgt, indes schon.
Das Zauberwort für ein geeintes Frankreich in der Krise lautet «Staatsbürgerdienst». Ein solcher Dienst ist seit 2010 in Frankreich gesetzlich verankert. Nach der islamistischen Anschlagsserie Anfang Januar mit 17 Toten hat die Debatte um einen Ausbau neue Fahrt aufgenommen.
Jugendliche ohne Perspektiven sind eine Gefahr
«Ich schlage heute einen allgemeinen Staatsbürgerdienst vor», sagte Hollande vor den Journalisten. Das Angebot richte sich an alle jungen Franzosen, «die das Beste von sich geben wollen».
Der Dienst soll junge Menschen zu mehr Engagement ermuntern und sie stärker an die französische Gesellschaft und ihre Werte binden. Gerade bei Jugendlichen aus Einwandererfamilien mit muslimischem Hintergrund wird befürchtet, dass sie sich aus der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen. Diese Ausgeschlossenheit würde sich in einer Ablehnung der gemeinsamen Werte äussern.
Den Bedarf für staatsdienstliche Stellen bezifferte Hollande auf mindestens 150'000. Heute gebe es vier Mal mehr Bewerber für einen solchen Dienst als verfügbare Plätze. Dem will das Staatsoberhaupt Abhilfe schaffen.
Der Geist des Januar 2015, das ist die Einheit der Republik.
Forderungen aus der konservativen Oppositionspartei UMP, einen solchen Dienst verpflichtend zu machen, erteilte Hollande eine Absage: «Sollten wir in Richtung eines obligatorischen Staatsbürgerdienstes gehen, dann müsste das Volk befragt werden.» Ganz generell scheint das Volk seit den Anschlägen für Frankreichs Elite wieder präsenter zu werden.
Zumindest lassen Hollandes markige Worte anlässlich der Konferenz solches vermuten. Die Anschläge hätten Frankreich «tief geprägt» und seien künftig «Teil unserer nationalen Erinnerung», sagte der Sozialist. Frankreich habe mit «Würde und Stolz» auf die Bluttaten der drei islamistischen Terroristen reagiert.
«Der Geist des Januar 2015, das ist die Einheit der Republik», sagte Hollande. Seine Aufgabe sei es, dafür zu sorgen, dass dieser Geist erhalten bleibe: «Den Zusammenhalt des Landes zu garantieren, damit es vorankommen und Erfolg haben kann.» Gemessen an der anhaltenden Wirtschaftskrise und an der Rekordarbeitslosigkeit ein ambitioniertes Ziel.
Hollande profitiert von der Tragödie
Das weiss auch Hollande und stellt weitere Reformen in Aussicht. «Wir müssen noch weitergehen», sagte der Präsident. Als Themenfelder nannte er unter anderem die Beschäftigung junger Menschen, die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt und die Finanzierungsmöglichkeiten für die heimische Wirtschaft. Gerade diese Kompetenzen hat man dem Sozialisten in jüngster Zeit in Abrede gestellt.
Die wirtschaftlichen Probleme des Landes hatten Hollande zum unpopulärsten Präsidenten in Frankreichs neuerer Geschichte werden lassen. Seit den islamistischen Anschlägen unter anderem auf die Satirezeitung «Charlie Hebdo» befindet sich Hollande aber in Umfragen wieder im Aufwind.
Die meisten Franzosen bescheinigen ihrem Staatschef, das Land gut durch die schwierige Zeit nach den Anschlägen geführt zu haben. Ein dünnes Sympathie-Pölsterchen angesichts der wenigen Wochen, die seit den Anschlägen vergangen sind.