Der französische Fiskus macht pauschalbesteuerten Franzosen in der Schweiz das Leben gleich doppelt schwer. Erstens: Paris will ihren Schweizer Steuerstatus nicht mehr tolerieren und sie nach französischem Recht separat besteuern.
Zweitens: Sie müssen ab nächstem Jahr bis zu 45 Prozent ihrer Erbschaften an Frankreich abgeben, wenn Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf und ihr französischer Amtskollege Michel Sapin im Erbschaftssteuerstreit keine Lösung finden.
Übers Steuersparen spricht man nicht gern. Vor allem nicht, wenn es um grosse Vermögen geht. Doch die Anwälte Alexander de Senarclens in Genf und Philippe Kenel in Pully sehen das anders. Sie sind sehr auskunftsfreudig. Vielleicht auch deshalb, weil ihre Klienten stinksauer sind. Sie wollen ihre Vermögenswerte reorganisieren.
Auswandern oder Start-up-Firma gründen
Das neue Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich wurde letzte Woche von Paris aufgelöst. Es droht nun ein vertragsloser Zustand. Das heisst, ab nächstem Jahr könnten Erbschaften von Franzosen, die in der Schweiz leben, von der Schweiz und von Frankreich gleichzeitig besteuert werden.
Doch Anwalt Kenel wäre sein Geld nicht wert, wüsste er nicht ein paar Auswege. Die erste und beste Lösung sei, dass die Erben seiner Klienten Frankreich verlassen. Wenn weder Besitz noch Erbberechtigte in Frankreich seien, könne Paris nichts machen. Nur: Auswandern ist leichter gesagt als getan, sagt Anwalt de Senarclens. Denn die Erben hätten ihr soziales Umfeld in Frankreich und arbeiteten dort.
Seien sie aber Firmenchefs, weiss der Genfer Anwalt eine Lösung: den «Pacte Dutreil». Ein Vertrag unter Familienmitgliedern, in dem der Erblasser seinen Nachkommen eine Art Start-Up-Finanzierung hinterlässt, damit sie ein Unternehmen gründen könnten. Die Erbschaft wäre zu 75 Prozent steuerfrei.
Aktien verkaufen und Lebensversicherung zulegen
In jedem Falle rät Anwalt de Senarclens seinen Klienten, ihre französischen Wertanlagen zu verkaufen und zwar bis zum 1. Januar 2015. Denn im Falle eines vertragslosen Zustands könnte Frankreich auch Steuern auf Wertpapiere erheben, selbst wenn weder der Verstorbene noch der Erbe in Frankreich lebt.
Solange es sich dabei um anonyme Aktien von Air France oder Alstom handle, sei das kaum ein Problem. Wenn man aber Aktien des eigenen Unternehmens verkaufen müsse, dann tue das weh, gibt Kenel zu bedenken. Er habe da eine andere Idee: Wer sein Vermögen in einer Lebensversicherung einbinde, und das vor dem 75. Geburtstag, zahle bloss 25 Prozent Erbschaftssteuern und nicht 45 Prozent. Den Fiskus ganz umgehen könne man damit zwar nicht, aber immerhin.
Investitionen in steuerbegünstigte Weinberge
Beim Steuersparen fehlt es den Anwälten nicht an Phantasie. So schlägt de Senarclens seinen Klienten auch vor, in französische Wälder oder in Weinberge zu investieren. Denn diese seien bis zu 75 Prozent erbschaftssteuerfrei.
Wer also für 10 Millionen Euro Wald kaufe, rechnet de Senarclens vor, müsse davon nur 2,5 Millionen versteuern. Das ergibt eine Steuerrechnung von 1,1 Millionen Euro. Würde der Klient aber seine 10 Millionen in Bargeld vererben, zahlte er 4,5 Millionen Euro Steuern.
Effizient sei das schon und habe obendrein einen grünen Touch, so de Senarclens. Doch laufe der Steueroptimierer Gefahr, schlussendlich auf seinem Wald sitzen zu bleiben, kritisiert wiederum sein Kollege Kenel diese Taktik.
Jede Lösung hat ihre Vor- und Nachteile. Eines ist klar: Bern und Paris können verhandeln wie sie wollen, Schlupflöcher zur Steueroptimierung finden die Anwälte immer.