Seit Beginn der israelischen Offensive gegen Ziele im Gazastreifen am frühen Dienstag sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza 75 Menschen getötet worden. Mehr als 500 seien verletzt worden, sagte der Ministeriumssprecher. Etwa zwei Drittel davon seien Zivilisten.
Palästinensische Extremisten schossen weiter Raketen auf Israel ab. In der Mittelmeermetropole Tel Aviv heulten am Donnerstagmorgen die Sirenen, Menschen eilten in Schutzräume. Es war eine Serie dumpfer Explosionen zu hören. Das israelische Fernsehen berichtete, fünf
Raketen seien im Umkreis von Tel Aviv von der Raketenabwehr in der Luft abgefangen worden.
Die extremistischen Al-Kassam-Brigaden erklärten, sie hätten in den vergangenen 48 Stunden 279 Raketen auf Israel abgefeuert. Andere militante Gruppen hätten mehr als 100 Raketen gestartet.
Die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen sind nach den Worten eines Armeesprechers intensiver als während des letzten Gaza-Krieges im
November 2012. Binnen 48 Stunden habe die Armee 750 Ziele angegriffen. Im Vergleich dazu seien vor knapp zwei Jahren binnen acht Tagen 1450 Ziele angegriffen worden. Bis Mittwochnachmittag seien 400 Tonnen Sprengstoff gegen den Gazastreifen eingesetzt worden.
Israels Atomanlage unter Beschuss
Am Mittwochabend feuerten Extremisten nach israelischen Armeeangaben drei Raketen auf das einzige Atomkraftwerk des Landes in Dimona, das rund 70 Kilometer südöstlich des Gazastreifens gelegen ist.
Das Abwehrsystem «Eiserner Dom» habe ein Geschoss abgefangen, die beiden anderen seien ohne Schaden anzurichten auf offenem Gelände niedergegangen, erklärte ein Armeesprecher. In Dimona befinden sich unbestätigten Vermutungen zufolge auch zentrale Teile des militärischen Nuklearprogramms Israels.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hat den wieder eskalierten Nahost-Konflikt als «eine der entscheidendsten Krisen der Region in den vergangenen Jahren» bezeichnet. «Gaza steht auf Messers Schneide», sagte Ban in New York. Er forderte erneut alle Seiten zu grösstmöglicher Zurückhaltung auf.
«Bodenoffensive birgt grosse Risiken»
Die israelische Armee hat bisher rund 20'000 Reservisten eingezogen. Eine Bodenoffensive im Gazastreifen sei jedoch die «letzte Option», betonte ein Armeesprecher.
Auch SRF-Korrespondent Pascal Weber geht derzeit nicht von einer Bodenoffensive aus. «Israels Premier Netanjahu weiss, dass er eine solche Bodenoffensive am Ende nicht mehr kontrollieren kann, weil sie zivile Opfer nach sich ziehen wird.»
Zudem gleiche nach der Eskalation der vergangenen Tage auch das ansonsten eher ruhige Westjordanland einem Dampfkessel, der jederzeit explodieren könne. «Das will Netanjahu nicht. Auf der anderen Seite scheint die Hamas alles daran zu setzen, Israel in eine solche Bodenoperation hineinzuziehen», meint Weber.
Es gibt nach Ansicht von Weber derzeit keinen internationalen Player, der genügend Gewicht habe, um beide Seiten zu einer Waffenruhe zu zwingen. Im Gaza-Krieg Ende 2012 hatte die Regierung Mursi in Ägypten als Verbündete der Hamas genügend Einfluss, um auf sie einzuwirken.
Heute sind in Ägypten jedoch die Generäle um Präsident Sisi an der Macht. «Sie betrachten die Hamas als ihre Gegner und haben entsprechend wenig Vertrauen und wenig Einfluss.»