Bei der Parlamentswahl vom 26. Februar in Iran geht es unter anderem darum, ob Präsident Hassan Rohani für seinen Reformkurs auf einen stärkeren Rückenwind der Volksvertretung setzen kann. Die dort bislang dominierenden Hardliner und Konservativen haben denn auch im Vorfeld nach Kräften daran gearbeitet, moderate Kandidaten von der Wahl auszuschliessen.
Populärer Präsident Rohani
Ob die Konservativen den Vormarsch der Rohani-Anhänger stoppen können, ist ungewiss. Die Aussicht auf ein Ende der internationalen Isolation nach der Beilegung des Atomstreits im vergangenen Jahr hat dem Präsidenten der Islamischen Republik einen enormen Popularitätszuwachs beschert.
Das hat die Konservativen alarmiert. Entsprechend reagierte der von ihnen kontrollierte Wächterrat: Er liess von den rund 12'000 Bewerbern für die 290 Parlamentssitze nur rund die Hälfte zu. Von den über 3000 Kandidaten, die den Reformern zugerechnet werden, wurden gar nur rund 70 zugelassen, wie ARD-Korrespondent Reinhard Baumgarten erklärt. «Es dürfen also zwei Prozent aller reformwilligen Kandidaten antreten.»
Ziel der Reformer sei, die Wortführer der Hardliner aus dem Parlament herauszuhalten, so Baumgarten. Zu diesem Zweck hätten die Reformkandidaten in einzelnen Regionen gemeinsame Listen aufgestellt. Mit dieser Strategie könnten tatsächlich mehr moderate Kräfte ins Parlament gewählt werden, auch wenn die Reformer allein von der Anzahl Kandidierender her keine Chance auf eine Mehrheit haben. «Trotzdem wäre das schon ein Sieg für die reformwilligen Kandidaten», stellt der Korrespondent fest.
Wichtige Wahl des Expertenrates
Ebenfalls neu gewählt wird der sogenannte Expertenrat. Auch hier versuchten die iranischen Hardliner, möglichst viele Reformer von der Kandidatur abzuhalten. Dem Expertenrat kommt eine grosse Bedeutung zu, weil er eines Tages über die Nachfolge des konservativen obersten Führers Ajatollah Ali Chamenei entscheiden wird.
Der Wächterrat verfuhr hier noch drastischer als bei den Kandidaten für die Parlamentssitze: Fast 80 Prozent der Bewerber wurden von der Wahl für den Expertenrat ausgeschlossen. Nicht zugelassen wurde unter anderem Hassan Chomeini, ein Enkel des 1989 verstorbenen Revolutionsführers Ajatollah Ruhollah Chomeini und Verbündeter Rohanis.
Wer folgt auf Chamenei?
Die 88 Mitglieder des Expertenrates werden bis 2024 im Amt sein. Damit dürften sie den Nachfolger Chameneis bestimmen, der die höchste geistliche und politische Instanz des Landes mit seinen rund 80 Millionen Einwohnern und gleichzeitig Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist. Wie alarmiert Chamenei ist, zeigen seine Warnungen, die Feinde des Iran versuchten, über die Wahlen Einfluss auf die Machtstrukturen des Landes zu gewinnen.
«Die Wahl am Freitag wird für Iran tatsächlich eine Richtungswahl, falls die Hardliner geschwächt werden sollten», sagt der ARD-Korrespondent. Denn dann könnte es laut Baumgarten sein, dass Präsident Rohani «nicht mehr so viele Knüppel zwischen die Beine geworfen werden». Doch: «Ob es dazu kommt ist derzeit relativ offen.»