Mit glühenden Loyalitätsbekundungen für Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat ein AKP-Sonderparteitag den neuen Parteichef und künftigen Ministerpräsidenten der Türkei gewählt. Erdogans Wunschkandidat, der bisherige Verkehrsminister Binali Yildirim, bekam in Ankara alle 1405 gültigen Delegiertenstimmen, wie Parteitagspräsident Bekir Bozdag mitteilte.
Yildirim war der einzige Bewerber. Der 60-Jährige kündigte als oberste Priorität an, das von Erdogan geforderte Präsidialsystem in der Türkei einzuführen, um eine Situation, eine «de-facto Situation» auch noch auf eine legale Basis zu stellen.
Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, rund 1470 Delegierte hätten sich für den AKP-Sonderparteitag in Ankara versammelt. Yildirim ist nach Erdogan und Davutoglu erst der dritte Vorsitzende der AKP, die seit 2002 ununterbrochen in der Türkei regiert.
Präsident wäre zur Neutralität verpflichtet
Der neue AKP-Chef rief unter frenetischem Jubel und «Recep Tayyip Erdogan»-Rufen in der Ankara-Arena: «Die Türkei braucht eine neue Verfassung. Seid Ihr bereit, die neue Verfassung, das Präsidialsystem einzuführen?» Yildirim sagte, Erdogan sei «Architekt der erleuchteten Türkei» – und er selbst dessen «Weggefährte, Schicksalsgefährte und Herzensfreund».
Nach der türkischen Verfassung ist der Staatspräsident zur Neutralität verpflichtet. Erdogan lenkt trotzdem die AKP – früher im Hintergrund, inzwischen ganz offen.
Unmittelbar nach dem Parteitag wir Yildirim von Erdogan mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt werden. Der bisherige Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hat denn auch offiziell seinen Rücktritt eingereicht, wie die türkische Nachrichtenagentur Dogan berichtete. Im Machtkampf mit Erdogan hatte Davutoglu am 5. Mai die Konsequenzen gezogen und seinen Rücktritt angekündigt.
Weiterhin hart gegen PKK vorgehen
Der designierte Ministerpräsident Yildirim kündigte an, es werde weiterhin hart gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK vorgegangen.
Mit Yildirim baut Erdogan seine Macht weiter aus. Auf Erdogans Betreiben hatte das Parlament in Ankara am Freitag die Aufhebung der Immunität von zahlreichen Abgeordneten vor allem aus der Opposition beschlossen. Ihnen droht nun Strafverfolgung.