Nach dem Rückzug des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu soll der bisherige Verkehrsminister Binali Yildirim Chef der islamisch-konservativen AKP und der Regierung werden.
Der AKP-Vorstand nominierte den 60 Jahre alten Gefolgsmann des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan als einzigen Kandidaten für den bevorstehenden Sonderparteitag in Ankara. Dort soll Yildirim am Sonntag als Parteichef bestätigt werden. Anschliessend wird er auch das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen.
Ziel Nummer eins: Kampf gegen Terrorismus
In einer kurzen Ansprache nach seiner Nominierung kündigte Yildirim an, seine Regierung werde in «vollkommener Harmonie» mit der AKP und besonders mit Erdogan zusammenarbeiten, «unserem Anführer».
Zugleich versprach Yildirim einen entschlossenen Kampf gegen den Terrorismus. «Die Nation soll beruhigt sein», sagte er. «Wir werden die Geissel des Terrors von der Tagesordnung der Türkei entfernen.»
Erdogan bleibt Strippenzieher im Hintergrund
Erdogan-Anhänger hatten Davutoglu mangelnde Loyalität vorgeworfen – ihn ausserdem beschuldigt, die von Erdogan angestrebte Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei nicht engagiert genug voranzutreiben. Dieser hatte daraufhin seinen Rückzug angekündigt.
Davutoglu war Erdogan im August 2014 an der Spitze der AKP und der Regierung nachgefolgt. Erdogan war damals vom Volk zum Staatspräsidenten gewählt worden.
Die Verfassung schreibt dem Präsidenten zwar Neutralität vor. Erdogan ist aber weiterhin die unbestrittene Führungsfigur in der AKP und dürfte massgeblichen Einfluss auf die Auswahl Yildirims gehabt haben.
Zeichen im Kampf gegen pro-kurdische Fraktion
Zur Nominierung Yildirims kam es einen Tag vor der geplanten Abstimmung im Parlament über einen Vorstoss der AKP, mehr als einem Viertel der Abgeordneten die Immunität zu entziehen. Der Schritt richtet sich vor allem gegen die Fraktion der pro-kurdischen HDP.
Erdogan wirft den HDP-Abgeordneten vor, der «verlängerte Arm» der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu sein. Erdogan hat ausdrücklich dazu aufgerufen, ihre Immunität aufzuheben.
Die einmalige Aufhebung der Immunität von 138 Abgeordneten soll über eine vorübergehende Verfassungsänderung geschehen. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit von 367 der 550 Abgeordneten notwendig.