Die Regierung kontrolliert wieder zwei Ölterminals im Osten des Landes – diese waren vor rund einem Jahr von Rebellen blockiert worden. Über die Häfen Ras Lanuf und Al-Sidra läuft etwa die Hälfte des libyschen Erdölexports. Die Blockade der beiden anderen wichtigen Erdölhäfen war bereits im April beendet worden. Ras Lanuf hat eine Kapazität von 200‘000 Barrel (je 159 Liter) und Al-Sidra von 350‘000 Barrel pro Tag.
Zustande kam diese Lösung, weil die Regierung ein Abkommen mit Ibrahim Dschathran geschlossen hat, wie Beat Stauffer, SRF-Nordafrika-Mitarbeiter, sagt. «Dschathran ist der Chef der Bewachungstruppe der Erdölgesellschaft. Er hat aus dieser Truppe gewissermassen eine Privatarmee aufgebaut und sie massiv ausgeweitet.» Dschantran hat sich politisch den Verfechtern eines unabhängigen Ost-Libyen angeschlossen.
Seine Truppe umfasste ursprünglich 5000 Männer. Dschathran hat sie auf 20‘000 bis 30‘000 Mann vergrössert. Die Regierung habe sich lange geweigert, diesen Truppen auch Sold zu bezahlen. «Nun sieht es so aus, als hätte sie doch 300 Millionen Dollar bezahlt. Das macht die Regierung erpressbar», sagt Stauffer.
Auch für die EU wichtig
Deshalb müsse diese Nachricht mit grösster Vorsicht genossen werden, sagt Stauffer. «Die Regierung hatte keine andere Wahl, denn Libyen ist zu 90 Prozent oder gar zu 95 Prozent von diesen Erdöl- und Erdgasverkäufen abhängig.» Der ganze Staatsapparat hätte ohne die Einigung nicht mehr finanziert werden können. Es habe deshalb ein enormer wirtschaftlicher Druck bestanden.
Druck auf Libyen habe auch die EU ausgeübt, jedenfalls gebe es Indizien, die darauf hindeuten, sagt Stauffer: «Der Westen hat angesichts der Probleme mit Russland ein Interesse daran, dass die Erdöl- und Erdgaslieferungen aus Nordafrika, vor allem aus Algerien und Libyen, weitergehen.»