Die 16- und 17-Jährigen seien beim EU-Referendum ausgeschlossen worden, ruft eine Demonstrantin an einer Kundgebung in London zornig ins Mikrofon. Ein Demonstrant meint: «Die Jungen wurden überstimmt von den Alten.» Es sei ihre Zukunft, hätten seine zwei Kinder gesagt. Doch nun hätten die Alten darüber entschieden.
Seit Jahren fordern Jugend-Organisationen deshalb ein tieferes Stimmrechtsalter. Schon mit 16 sollen die Jungen an die Urne im Vereinigten Königreich dürfen; nicht erst mit 18. So setzt sich zum Beispiel die überparteiliche Electoral Reform Society seit Jahrzehnten für mehr demokratische Mitbestimmung ein.
Frage der Zeit
Sie hat sich auch das Stimmrechtsalter 16 auf die Fahne geschrieben. «Das Brexit-Votum hat der Kampagne Auftrieb gegeben», sagt Josiah Mortimer von der Electroal Reform Society. «Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Reform kommt.»
Beim schottischen Unabhängigkeits-Referendum vor zwei Jahren habe man gute Erfahrungen mit dem Stimmrechtsalter 16 gemacht, meint Mortimer weiter. In Schottland waren auch die 16- und 17-Jährigen zur Abstimmung zugelassen.
Gerade an den Schulen habe es eine lebendige, intensive Debatte gegeben. «Man muss den 16- und 17-Jährigen nur die Chance geben, dann gehen sie auch abstimmen», sagt er.
Chancen besser
Und was sagen die Jungen selbst? Darauf angesprochen meint die 15-jährige Schülerin Rachel: «Ich weiss genug über Politik, um vernünftig darüber zu urteilen.» Und ihre Klassenkameradin Mary ergänzt: «Wenn ich und alle Gleichaltrigen das Stimmrecht gehabt hätten, wäre es ganz anders herausgekommen.»
Stimmen schon ab 16? Beim EU-Referendum im Juni hatte die Regierung offenbar Angst vor einem solchen Experiment. Ausserdem drängte sie auf eine rasche Abstimmung. Eine Wahlrechtsreform aber hätte zusätzliche Zeit gebraucht. So erklärt sich, warum ein Vorstoss für das Stimmrecht ab 16 im Parlament letztes Jahr am Widerstand der regierenden Tories scheiterte.
Nun, nach dem überraschenden Ja zum Brexit, dürften die Chancen für eine solche Stimmrechtsreform ein wenig besser stehen. Auch wenn die Politiker im Königreich derzeit noch ein paar andere Probleme zu lösen haben.