Sowohl das Treffen der Euro-Finanzminister am Montagnachmittag als auch der EU-Sondergipfel im Anschluss blieben ohne konkrete Ergebnisse. Doch stiessen die neuen Reformvorschläge von Griechenland soweit auf Anklang.
Die Beteiligten hoffen nun, dass ein für Mittwochabend angekündigtes Treffen der Eurogruppe konkrete Ergebnisse liefert. Bis dahin sollen die von Griechenland vorgelegten Vorschläge auch von den Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) vollständig geprüft sein.
Am Donnerstag und Freitag kommt dann der reguläre EU-Gipfel mit 28 Staats- und Regierungschefs zusammen.
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte praktisch in letzter Minute neue Vorschläge für harte Steuererhöhungen und Einsparungen vorgelegt. Die Massnahmen sollen in den kommenden eineinhalb Jahren fünf Milliarden Euro einbringen.
«Noch sehr viel Arbeit zu leisten»
Bundeskanzlerin Angela Merkel sah in den Brüsseler Verhandlungen einen «gewissen Fortschritt». Merkel meinte jedoch weiter, «es ist auch klar geworden, dass noch sehr viel Arbeit zu leisten ist.»
Auch IWF-Chefin Christine Lagarde sieht noch Handlungsbedarf. Die neuen Vorschläge Athens seien noch zu unspezifisch, sagte sie.
«Es wird kein drittes Hilfsprogramm geben»
Der französische Präsident François Hollande betonte, alle Länder hätten ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland ausgeschlossen. «Es wird kein drittes Programm geben.» Deshalb sei die Verlängerung des am 30. Juni auslaufenden zweiten Programms der gegebene Rahmen.
EU-Gipfelchef Donald Tusk lobte die jüngsten Spar- und Reformangebote Griechenlands als die «ersten wirklichen Vorschläge in vielen Wochen». Er sprach von einem «positiven Schritt». EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker meinte, er sei überzeugt, dass «im Laufe dieser Woche eine abschliessende Einigung» zustande komme.
Die Reformliste aus Athen
Nach griechischen Medienberichten ist Athen nun bereit zu etlichen Kompromissen:
- Die Mehrwertsteuer im Bereich Tourismus soll erhöht werden. Die Mehrwertsteuer im Hotelgewerbe soll von 6,5 auf 13 Prozent verdoppelt werden, in Tavernen und Cafés von 13 auf 23 Prozent steigen. Der Mehrwertsteuersatz für Grundnahrungsmittel wie Reis und Nudeln soll von 13 auf 23 Prozent erhöht werden.
- Nach den neuen Vorschlägen sollen die meisten Frührenten abgeschafft werden. Das war eine der Forderungen der Geldgeber zur Sanierung des Rentensystems.
- Neu eingeführt werden soll demnach eine Sondersteuer auf Einkommen ab 30'000 Euro brutto jährlich, die stufenweise von ein auf sieben Prozent steigen könnte. 30'000 Euro jährlich entspricht in Griechenland einem mittleren Einkommen. Unternehmen, die 2014 mehr als 500'000 Euro Gewinne hatten, sollen bis zu sieben Prozent Sondergewinnsteuer zahlen.
- Bleiben soll eine Immobiliensteuer, die die linke Regierung eigentlich abschaffen wollte. Allein diese Massnahme soll gut 2,6 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Besitzer von Jachten, Luxusautos und Schwimmbädern müssten tiefer in die Tasche greifen.
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Tsipras vor Konfrontation mit eigener Partei?
Griechenlands Medien sehen den griechischen Ministerpräsident Alexis Tsipras in Erklärungsnot. Die konservative Zeitung «Kathimerini» schreibt am Dienstag, Tsipras müsse jetzt seinem Parlament und seiner Partei erklären, warum er von seinen Wahlversprechen so sehr abweiche.
Auch die griechische Zeitung «Ta Nea» kritisierte, dass noch kein Wort über die Umstrukturierung des Schuldenberges gefallen sei. Tsipras stehe vor einer Konfrontation mit seiner Partei Syriza.
Sobald die Details einer Einigung stehen, werde Tsipras seine Regierung informieren, meinte der Athener Regierungssprecher Gabriel Sakrellaridis im griechischen Fernsehen. Danach werde das Parlament das Abkommen billigen, sagte Sakellaridis weiter. Wann dies geschehen soll, liess er offen.
Athen muss eine umfassende Reformliste vorlegen, um 7,2 Milliarden Euro aus dem laufenden Hilfsprogramm zu erhalten, die derzeit blockiert sind. Die Zeit drängt, weil das Land vor der Pleite steht. Athen muss bis zum 30. Juni 1,6 Milliarden Euro an den IWF zahlen.