Ein Tag nach dem Ende des Geiseldramas in der kenianischen Hauptstadt Nairobi haben Forensik-Experten damit begonnen, das teilweise eingestürzte Einkaufszentrum zu durchsuchen. Zu dem Team gehören unter anderem Spezialisten aus den USA, Grossbritannien und Israel. Die oberste Priorität sei es, die Trümmer zu räumen und die Leichen zu bergen, teilte Kabinettssekretär Francis Kimemia per Twitter mit.
Die Forensiker sollen unter anderem die Identität der Angreifer klären. Mehrere von ihnen sollen unter den Trümmern des zum Teil eingestürzten Gebäudes liegen. Nach Angaben des kenianischen Präsidenten Uhuru Kenyatta kamen fünf Täter bei Schusswechseln mit den Spezialkräften ums Leben.
Es spreche vieles dafür, dass Exil-Somalis an dem Überfall beteiligt gewesen sind, sagt Patrik Wülser, SRF-Afrika-Korrespondent. Das Gerücht, eine junge Britin sei als Terroristin beteiligt, sei auch in Nairobi aufgetaucht. Es sei sicher sinnvoll, die Ergebnisse der Obduktionen abzuwarten, meint der Korrespondent.
Zahl der Angreifer nicht bekannt
Es ist noch immer unklar, wie viele Islamisten bei dem Anschlag beteiligt waren. Kenyatta hat eine Sondersitzung des Kabinetts und des Nationalen Sicherheitsrates einberufen, um das weitere Vorgehen zu klären.
Seit Samstag hielten Kämpfer der radikal islamischen Al-Shabaab-Miliz die Welt in Atem. Bei ihrem Angriff auf ein Einkaufszentrum in der kenianischen Hauptstadt Nairobi und der anschliessenden Geiselnahme kamen 72 Personen ums Leben. Darunter 61 Zivilisten, sechs Soldaten und fünf Terroristen. Dutzende werden noch vermisst. Es wird davon ausgegangen, dass die Zahl der Opfer noch steigen könnte.
Al Shabab spricht von 137 Getöteten
«Al Shabab hat vermeldet, dass die Kämpfer 137 Menschen umgebracht hätten», sagt SRF-Korrespondent Wülser. Das würde bedeuten, dass doppelt so viele Menschen umgekommen sind als offiziell angegeben wird.
«Beängstigend professionell sind die Terroristen vorgegangen», sagt er. Nun sei klar: Es seien nicht irgendwelche Fanatiker gewesen, die in das Zentrum reinspaziert seien und dann Waffen gezogen hätten. «Es gibt Hinweise, dass diese Täter vor drei Monaten in diesem Einkaufszentrum einen Laden gemietet hatten und dort Sprengstoff und Munition gehortet haben.» Die Terroristen hatten sich mit der Architektur des Gebäudes vertraut gemacht und seien modern ausgerüstet gewesen.
Warnungen erhalten?
Ob das Drama zu verhindern gewesen wäre, bleibt offen. Wülser sagt dazu: «Es gibt tatsächlich Hinweise, dass der Geheimdienst vor drei Monaten gewarnt worden war.»
Ein kenianischer Politiker, ein Ständerat, habe den kenianischen Geheimdienst vor drei Monaten vor einem solchen Anschlag gewarnt, hat der SRF-Korrespondent gehört. Der Politiker habe gesagt: Es seien zwei Frauen in sein Büro gekommen und hätten ihn darüber informiert, dass in der Nachbarschaft Ausländer eingezogen seien. Sie würden Waffen und Granaten anschaffen und horten. «Wenn das tatsächlich stimmt, dann muss der Nachrichtendienst noch einige kritsiche Fragen beantworten», sagt Wülser.