US-Präsident Barack Obama hat mit dieser Aussage Klarheit über den Truppenabzug geschaffen: Bis Ende 2016 soll der letzte US-Soldat Afghanistan verlassen. Der afghanische Präsident Hamid Karzai begrüsste die Pläne der USA. Der Abzug der Truppen sei ein Wunsch der Regierung und der afghanischen Bevölkerung.
Thomas Ruttig ist Ko-Direktor des Afghanistan Analysts Network in Kabul und Berlin. Seiner Meinung nach ist die Freude über den angekündigten Truppenabzug unter den Afghanen nicht so einhellig, wie es scheint.
«Die Auffassungen sind sehr gespalten», erklärt er gegenüber SRF. «Insgesamt wünschen sich die Afghanen schon, dass die ausländischen Truppen abziehen. Es ist ihr Land. Aber viele denken auch, es sei zu früh.» Denn die Taliban seien nach wie vor im ganzen Land aktiv, sie seien nicht wirklich geschwächt worden, gibt er zu bedenken.
Taliban-Rebellen in Lauerposition?
Zweifel hegen viele an der Schlagkraft der eigenen Armee. «Die Afghanen vertrauen nicht voll darauf, dass die eigenen Sicherheitskräfte in der Lage sein werden, den Taliban entgegenzutreten», sagt Ruttig. Ausserdem sei der US-Abzugsentscheid aufgrund innenpolitischer Erwägungen gefallen, ohne Absprache mit der Nato.
Dies habe den Taliban in die Hände gespielt, so der Analyst. «Sie können jetzt einfach abwarten und versuchen, den Konflikt militärisch für sich zu entscheiden.»
Doch die Rebellen sollten sich nicht zu früh freuen: «Die Taliban sind nicht eine so starke Bewegung, dass man befürchten müsste, sie würden gleich in Kabul einmarschieren», weiss Ruttig. Afghanistans Armee sei ziemlich hochgerüstet. Die Sicherheitskräfte umfassen laut dem Kenner des Landes 350'000 Mann. «Die Frage ist, wie lange können sie durchhalten und wie viel Stehvermögen haben auf der anderen Seite die Taliban?»
Zudem werde weiterhin versucht, eine politische Lösung zu finden, sagt Ruttig. «Man kann nur hoffen, dass das passiert, bevor die Kämpfe wieder eskalieren.»