SRF News: Fangruppen aus Russland und England haben sich in Marseille Strassenschlachten geliefert. In britischen Medien werden diese Gewalttaten als nicht entschuldbar beschrieben. Wie reagiert man in Russland?
Christof Franzen: Anfangs sagte die russische Seite, es handle sich um eine Provokation der Engländer, nur wenige Russen hätten sich schlecht benommen, und man kritisierte die französischen Sicherheitsbehörden. Als die Uefa mit harten Strafen drohte, kam es zu einem Umdenken. Inzwischen hat man auch hier in Moskau klare Worte gewählt. Auch Russlands Sportminister Witali Mutko nennt es ein schändliches Verhalten einiger russischer Fans. Man wolle die Uefa dabei unterstützen, herauszufinden, wer diese Fans waren, um sie dingfest zu machen.
Hat die russische Gewalt System, ist sie organisiert?
Ich glaube nicht, dass die Gewalt, die wir hier gesehen haben, irgendwie systematisch oder organisiert gewesen ist; sicher nicht von offizieller russischer Seite. Denn Russland hat wirklich kein Interesse an solchen Bildern. Russland will in zwei Jahren die Fussball-WM durchführen. Darum wird ganz viel Geld investiert, auch jetzt, während der Wirtschaftskrise. Russland will sich als offenes, gastfreundliches Land zeigen, und da passen solche Bilder einfach nicht ins Konzept.
Die Uefa hat nun eine Untersuchung eingeleitet und sogar mit dem Ausschluss Russlands gedroht, falls weitere Gewalttaten passieren. Wie reagiert Moskau darauf?
Die Drohungen der Uefa nimmt Russland sehr ernst. Seitens des russischen Fussballverbandes gibt es einen Aufruf an die Fans, sie sollen sofort aufhören, Feuerwerk und Pyrotechnik zu verwenden und sich an die Gesetze und Ordnung der Franzosen halten, weil ein Ausschluss drohe. Das sei inakzeptabel. Ich glaube nicht, dass man tatsächlich mit dem Ausschluss rechnet. Aber schon ein Stadionverbot für russische Fans wäre ein harter Schlag für das Image Russlands.
Das Gespräch führte Tina Herren.