SRF: Woher kommt diese Nähe zwischen europäischen Rechtsaussen-Parteien und Putin?
Anton Pelinka: Es gibt gewisse strategische Gemeinsamkeiten: Sowohl die Rechtsaussen-Parteien innerhalb der EU, wie auch die russische Regierung haben ein Interesse daran, die Europäische Union zu schwächen. Das hängt auch mit den EU-Sanktionen gegen Russland zusammen. Auf Seiten der Rechtspopulisten ist es die grundsätzliche Abneigung gegen eine mächtige EU.
Das gemeinsame Element ist also ein Anti-EU-Reflex. Wie profitiert Putin von der Unterstützung der Rechtsaussen-Parteien in Europa?
Je deutlicher EU-kritische Stimmen innerhalb der Union hörbar sind, desto eher kann Putin sagen: Es ist nicht ganz Europa, das meine Politik verurteilt, sondern nur bestimmte Kräfte. Und diese Kräfte sind in dieser Deutung dann von Amerika abhängig. Solcher Anti-Amerikanismus kommt in Russland immer gut an – genauso wie bei rechtspopulistischen Kräften in der EU.
Suchen rechtsnationale Parteien mit der Nähe zu Putin die Prominenz?
Wenn ein international unauffälliger Politiker nach Russland fährt und dort mit Putin oder anderen prominenten russischen Politikern spricht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass er in den internationalen Medien erscheint, viel grösser. Das ist also ein Kampf um die Positionierung in den Medien. Zudem stärkt das unterschwellig die Anti-EU-Ressentiments und den Anti-Amerikanismus im eigenen Land.
Man bedient also die Wählerschaft.
Letztlich geht es genau darum. Es handelt sich nicht um eine internationale Konzeption der Welt von morgen, sondern darum auf dem nationalen politischen Markt aufzufallen und gut dazustehen.
Eine russische Bank hat dem französischen Front National Geld geliehen – vermutlich mit der Billigung Putins. Was will er mit der Stärkung des Front National erreichen?
Putin betreibt die klassisch-imperialistische Politik des «Divide et impera» – Teile und herrsche. Er bringt damit Unruhe in die französische Politik und kann eine Partei gegen die andere ausspielen. So kann Russland zeigen, dass die französische Regierung für ihr prominentes Mitwirken beim EU-Sanktionsregime bestraft wird.
Wird dieses Beispiel Schule machen?
Es ist ein zweischneidiges Schwert. Auch wenn in Frankreich russisches Geld einer Partei nicht schadet, kann es in anderen Staaten ungeheuer schaden. Dort, wo nationalistische Parteien sich eindeutig anti-russisch positioniert haben, etwa in Polen oder in den baltischen Staaten, wäre das kontraproduktiv. In anderen Staaten könnte das durchaus Schule machen. Gesamteuropäisch ist das keine sinnvolle Strategie.
Diese Nähe zwischen Putin und rechtsnationalistischen Parteien wird der EU also nicht gefährlich.
Es kann lästig sein, aber eine unmittelbare Gefahr besteht nicht. Längerfristig kann eine Partei in Westeuropa nicht erfolgreich sein, die sich gegen den Trend zur Stärkung der Rechte von Frauen und gleichgeschlechtlichen Paaren stellt, wie das in Russland ja auch geschieht.
Das Gespräch führte Lukas Mäder.