Das ukrainische Parlament in Kiew ging im Ringen um Frieden einen deutlichen Schritt auf Russland und die pro-russischen Separatisten zu. Es beschloss ein Gesetz über den Sonderstatus der Konfliktregionen sowie eine Amnestie für die Separatisten. Damit sollen laut dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko die Selbstverwaltungsrechte der Regionen Donezk und Lugansk gestärkt werden. Doch die Separatisten bleiben trotz vieler Zugeständnisse skeptisch.
Das Gesetz sieht vor, dass die Beteiligten an den bewaffneten Kämpfen straffrei bleiben. Das Gesetz über den Sonderstatus gilt für drei Jahre. Es verbrieft etwa das Recht auf die eigene Sprache für die russischsprachige Bevölkerung in diesen Regionen.
«Versuch zum Dialog – mehr nicht»
Auch eigene Wahlen und die Gründung einer Volksmiliz in den bislang von pro-russischen Separatisten kontrollierten Regionen sind vorgesehen. Doch den Separatisten geht das offenbar zu wenig weit. «Es ist ein ukrainisches Gesetz, allerdings haben wir unsere eigene Gesetzgebung», fand ein Vertreter der Separatisten deutliche Worte. «Wir verstehen es als einen Versuch zum Dialog – mehr nicht.»
Der Kreml hat sich bisher nicht dazu geäussert. Offiziell sei Russland auch nicht Teil des Konfliktes, erklärt SRF-Korrespondent Christof Franzen. «Moskau hat immer verlangt, dass der Osten der Ukraine weitgehende Autonomie erhält», so Franzen. Damit wolle Russland über den Osten auf die Aussenpolitik Kiews Einfluss nehmen können. «Moskau hat auch immer verlangt, dass sich das nicht nur auf die Gebiete beschränkt, die jetzt von den Separatisten kontrolliert werden.» Es sei schwierig zu sagen, wie es weitergeht, erklärt der SRF-Korrespondent.
Verstärkte russische Präsenz auf der Krim
Die Signale sind mehrdeutig. Trotz der Waffenruhe waren am Morgen in der Stadt Donezk Kämpfe um den Flughafen ausgebrochen. Auf der Krim will Russland seine militärische Präsenz verstärken.
Die ausländische Truppenpräsenz in der unmittelbaren Nähe der russischen Grenze habe zugenommen. Zu den Prioritäten Moskaus gehöre deshalb die Entsendung einer «vollständigen und autarken Militäreinheit in die Krim-Zone», sagte Schoigu.
Nebst dem Gesetz zum Sonderstatus der ostukrainischen Regionen hat das ukrainische Parlament auch einstimmig das Assoziierungsabkommen mit der EU ratifiziert. Auch das EU-Parlament in Strassburg hat dem Partnerschaftsvertrag zugestimmt.
Ukraine braucht Reformschritte
Der jetzige Vertrag kommt Russland entgegen, denn er tritt nicht per sofort in Kraft. Die Übergangslösung dauert bis Ende 2015. Dies sei wohl eine bittere Pille, welche die EU und die Ukraine schlucken mussten, sagt Franzen. Sie hätten eingesehen, dass Russland auch in Zukunft militärisch und wirtschaftlich Druck ausüben könne: «Russland hat sich verpflichtet, den freien Handel mit der Ukraine nicht einzuschränken.»
Die Ukraine müsse nun wichtige Reformschritte einleiten. Das bedeute weniger Bürokratie, mehr Rechtsstaatlichkeit und Demokratie und deutlich weniger Korruption, gibt Franzen zu bedenken. «Ob die ukrainische Elite das zulassen wird, ist fraglich. Und noch mehr, ob Putin das zulassen wird.»