Die grosse Geschichte war in den letzten Tagen und Wochen, dass der deutsche Geheimdienst BND die amerikanische NSA beim Ausspionieren von europäischen Unternehmungen, beispielsweise Airbus, Eurocopter und ähnlichen, unterstützt haben soll. Es geht demnach um Wirtschaftsspionage gegen Freunde. Und darum, dass diese dem deutschen Innenminister Thomas de Maizière bereits seit 2008 bekannt gewesen sei. Er selbst, nach zweieinhalb Jahren als Verteidigungsminister mittlerweile wieder im selben Amt, hat dies zwar bestritten.
Nun publizierten auch die «Süddeutsche Zeitung» und zwei ARD-Sender das Ergebnis einer neuen Recherche. Dieses besagt zum einen, dass die amerikanische NSA mit der Hilfe des BND vor allem französische Politiker im Umkreis des Präsidenten sowie Mitarbeiter des Aussenministeriums, dann aber auch Politiker und Beamte der EU in Brüssel ausgespäht hätten.
Falls das zuträfe, wäre es ein gravierender Vorgang: Deutsche helfen den Amerikanern, ihre französischen und europäischen Freunde auszuspähen. Und dies in Zusammenarbeit mit einer Organisation, der NSA, welche ja selbst die eigene, die deutsche Kanzlerin ausspioniert.
Dass die NSA spioniert, ist nicht neu
Diese Berichte haben sehr grosse Aufregung verursacht. Auch wenn aufgrund der Recherche nicht wirklich klar wird, ob die NSA und der BND diese französischen und Europäischen Politiker wirklich ausgespäht haben oder ob diese lediglich als mögliche Ziele auf Listen geführt wurden.
Das Zweite wäre immer noch schlimm genug, nur wäre es nicht ganz neu. Denn dass die NSA über viele Jahre versucht hat und wohl immer noch versucht, sich riesige Mengen an Daten über alle möglichen feindlichen und befreundeten Institutionen zu beschaffen, ist seit Snowden hinlänglich bekannt. Regierungen, Industriebetriebe und viele mehr wurden ausspioniert.
Rolle des deutschen Geheimdienstes
Aber nun geht es um die Rolle des deutschen Nachrichtendienstes, und diese ist nach dem bisherigen Kenntnisstand noch weitgehend offen. Die deutsche Regierung will in den nächsten Tagen das Parlament informieren. Das wiederum könnte ein langer Prozess werden, denn schon in der NSA-Affäre tröpfelten die Fakten nur in einem sehr dünnen Rinnsal ganz langsam aus dem Kanzleramt heraus.
Vor allem aber besagt die heute bekannt gewordene Recherche der «Süddeutschen» noch zwei weitere Dinge:
Zum einen, dass der Aspekt «Wirtschaftsspionage» gar nicht wirklich im Zentrum stehe. Zum anderen lautet der neueste Stand, immer laut der «Süddeutschen Zeitung»: De Maizière soll im Jahr 2008 über diese Vorgänge nur ganz andeutungsweise informiert worden sein. Das konkrete Ausmass habe erst sein Nachfolger Ronald Pofalla zwei Jahre später erfahren.
Die Aufregung ist im Moment deutlich grösser als der Kenntnisstand. Angesichts der schon bekannten Aktivitäten von NSA und BND sind weitere Kontrolle und Aufklärung sicher dringend angesagt.