Im Genfer Hotel Intercontinental unweit des europäischen UNO-Sitzes soll eine Lösung im Konflikt um die Ukraine gefunden werden: Seit dem Morgen beraten sich die Aussenminister der Ukraine, Russlands, der USA sowie die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton. Zuletzt wurde bekannt, dass das Treffen deutlich länger dauern wird, als zunächst kommuniziert.
Internationale Kontaktgruppe soll entstehen
Aus Diplomatenkreisen hiess es, die vier Aussenminister würden an einer schriftlichen Erklärung arbeiten. Nach stundenlangen Beratungen hatten sich John Kerry und Sergej Lawrow zu einem Einzelgespräch zurückgezogen. Kommt es bei dem Treffen zu keiner Einigung, drohen Russland neue Sanktionen der USA und der EU.
Noch bestehen Hoffnungen. Nach Angaben westlicher wie auch russischer Diplomaten war das Ziel, dass eine internationale Kontaktgruppe entsteht. Diese würde dann eine friedliche Lösung der Krise anstreben.
Für den ukrainischen Aussenminister der von Moskau bislang nicht anerkannten Übergangsregierung, Andrej Deschtschiza, und dessen russischen Amtskollegen, Sergej Lawrow, war das Treffen in Genf die zweite Gelegenheit zu direkten Gesprächen am Verhandlungstisch.
Weit auseinander liegende Positionen
Auf der Tagesordnung standen nach Angaben der amerikanischen UNO-Botschaft in Genf die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine. Die Meinungen und Positionen darüber gehen jedoch weit auseinander:
- Die USA werfen Russland vor, pro-russische bewaffnete Gruppen in der Ost-Ukraine zu unterstützen.
- Russland spricht sich für einen föderalistischen Staat in der Ukraine mit einer weitgehenden Eigenständigkeit für die ethnisch russische Bevölkerung aus. Für die Eskalation im Osten des Landes macht Russland die ukrainische Übergangsregierung verantwortlich.
- Die Delegation der Ukraine will in Genf ihrerseits Vorschläge für die Berücksichtigung der Wünsche ethnischer Russen im Osten des Landes machen. Zugleich betonten die ukrainischen Diplomaten aber, man könne jederzeit Beweise für eine militärische Verstrickung Moskaus in der Ost-Ukraine vorlegen.
Durchbruch «fast unvorstellbar»
«Nicht nur die Positionen liegen weit auseinander, auch die Wahrnehmung, was in der Ukraine passiert, ist völlig unterschiedlich», sagt der diplomatische Korrespondent von Radio SRF, Fredy Gsteiger.
Es sei unklar, ob Russland wirklich eine Deeskalation wolle, oder das aktuelle Geschehen genau in die russischen Pläne passe. Der Westen stelle sich die Frage, was man Russland im Gegenzug für ein Einlenken anbieten, respektive womit man Moskau drohen könne und wolle.
Modus des Kalten Kriegs?
Gsteiger spricht einen weiteren Punkt an: «Die Frage ist: Verhandeln in Genf die Ukraine und Russland miteinander und die USA sind eine Art Vermittler? Oder bewegen wir uns bereits wieder eher im Modus des Kalten Krieges – die USA und Russland verhandeln miteinander und die Ukraine bietet bloss das Terrain für die Auseinandersetzung?»
Unter diesen Vorzeichen sei ein Durchbruch bei den Gesprächen in Genf «fast unvorstellbar», schätzt Gsteiger die Lage ein. «Es wäre wohl schon ein Erfolg, wenn man sich darauf verständigen würde, weiterzuverhandeln.»