Die neue Militärdoktrin Russlands behält nach Präsident Wladimir Putins Worten ihren grundsätzlich defensiven Charakter bei. In dem Dokument heisst es auch, die «Wahrscheinlichkeit eines grösseren Krieges gegen Russland» sei «geringer geworden».
Trotzdem werden aber Bedrohungen für die Sicherheit Russlands aufgelistet, etwa die «Einmischung in innere Angelegenheiten» Russlands durch andere Staaten und strategische Rüstungsprojekte im Weltraum. Während die Ukraine in der Doktrin nicht namentlich erwähnt wird, wird die Militärstrategie der USA unter der Bezeichnung «Prompt Global Strike» zum ersten Mal als konkrete äussere Bedrohung genannt.
Atomare Abschreckung
Teil der russischen Militärdoktrin bleibt weiterhin die «atomare Abschreckung». Russland behält sich das Recht vor, bei einem Angriff auf das eigene Territorium oder auf Verbündete sowie bei einer Bedrohung für das «Fortbestehen des Staates» Atomwaffen einzusetzen. Ein atomarer Präventivschlag ist auch in dieser Fassung nicht vorgesehen, wie Kommentatoren in Moskau hervorheben.
Putin hatte zuletzt mehrfach betont, dass Russland kein «Aggressor» sei. Putin bestätigte die geänderte Fassung der Militärdoktrin mit Blick auf neue Bedrohungen in der Welt. Es handle sich auch um eine Reaktion auf den Informationskrieg gegen Russland und auf die internationale Terrorgefahr, hiess es in Moskau.
Druck auf unabhängige Staaten
Der nationale Sicherheitsrat veröffentlichte auf seiner Internetseite eine Mitteilung zu den Änderungen mit einem Kommentar, der die Ukraine als Gefahr für Russland bezeichnet. Darin heisst es ausserdem, die überarbeitete Doktrin reagiere auf die Lage im Norden Afrikas, in Syrien, im Irak und in Afghanistan.
«Führende Staaten» der Welt - gemeint sind wohl allen voran die USA - sehen sich in der Mitteilung dem Vorwurf ausgesetzt, unabhängige Staaten mit einer Vielzahl an Instrumenten zu bedrohen, um eigene Interessen durchzusetzen. So würden private Militärdienste eingesetzt, das Protestpotenzial der Bevölkerung angeheizt oder radikale und extremistische Organisationen gefördert, um eigene Ziele in anderen Staaten durchzusetzen.
Als konkrete Gefahren werden vom Sicherheitsrat auch die Verlegung von Angriffswaffen der NATO an die Grenzen Russlands sowie das geplante US-Raketenabwehrsystem genannt.
Nach Ansicht von SRF-Korrespondent Christoph Wanner läuft derzeit «alles nach Putins Plan», wenn es darum geht, die Ukraine nicht «komplett nach Westen» abwandern zu lassen.
Die NATO wies ihrerseits darauf hin, dass sie sich nicht als Bedrohung sieht. «Die NATO stellt weder für Russland noch für irgendeine andere Nation eine Gefahr dar», sagte Sprecherin Oana Lungescu. «Es ist vielmehr Russlands Handeln, das Völkerrecht bricht und die Sicherheit Europas infragestellt.»
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Kiews Schritt in Richtung NATO
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow und andere führende Politiker in Moskau warnen seit Tagen davor, dass der NATO-Kurs der Ukraine die europäische Sicherheitsarchitektur ins Wanken bringe.
Das Parlament der Ex-Sowjetrepublik hatte am Dienstag ein Gesetz über das Ende der Blockfreiheit verabschiedet. Damit will sich die Ukraine von Russland abwenden und den Weg für einen Beitritt zu dem westlichen Militärbündnis freimachen. Die NATO hatte stets erklärt, die Türen stünden dem Land offen.