An den Friedensgesprächen zum Syrien-Konflikt in Wien nehmen derzeit alle wichtigen Akteure teil – ausser die Hauptakteure selbst: Weder das syrische Regime noch die Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte sind an der Veranstaltung vertreten.
Statt mit den Vertretern der 20 Staaten – darunter die USA, Russland, Saudi-Arabien, die Türkei und Iran – über eine politische Lösung in Syrien debattieren, bekriegen sich die Konfliktparteien zuhause ohne Unterbruch. Alleine heute sollen gemäss der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 40 Menschen durch Raketen des Regimes getötet worden sein.
Die Konferenz – eine «Karnevalsveranstaltung»
Der Erfolg der Friedensgespräche hängt jedoch nicht primär davon ab, ob die anderen Staaten eine politische Lösung für Syrien finden, sondern ob die eigentlichen Konfliktparteien eine solche ins Auge fassen können. Doch genau da liegt das Problem: Unmittelbar vor Beginn der Konferenz lehnte die Opposition einen iranischen Vorschlag zu Friedensgesprächen ab und bezeichnete die Konferenz gar als «Karnevalsveranstaltung», die nicht die wirklichen Probleme des Landes angehe.
Für Laurent Goetschel, Direktor der Friedensstiftung Swisspeace, steht und fällt ein Friedensprozess mit der Bereitschaft der Konfliktparteien, an einem solchen teilzunehmen: «Eine Mediation muss von den Betroffenen gewollt sein. Sie kann nicht – etwa durch einen richterlichen Beschluss – aufgezwungen werden.»
Im Syrienkonflikt sieht Goetschel sowohl beim syrischen Regime als bei der Opposition keine eigentliche Bereitschaft zu Friedensverhandlungen: «Der Konflikt wird weiterhin mit Waffengewalt ausgetragen. Eine Mediation ist erst dann sinnvoll, wenn die Akteure Gespräche als die beste Strategie sehen, dem Konflikt beizukommen.» Weitere Voraussetzungen wären, dass die Parteien hinter dem Ergebnis der Gespräche stehen und schliesslich gemeinsam zur Überzeugung gelangten, dass eine gemeinsame Lösung wünschbar sei.
Mit oder ohne Assad?
Die Konfliktparteien sind sich laut dem Friedensforscher vor allem in der Frage uneins, ob Baschar al-Assad in Syrien künftig noch eine Rolle spielen sollten: «Auf der Seite des syrischen Regimes existiert grundsätzlich nur eine Position, jene von Baschar al-Assad. Und der will natürlich an der Macht bleiben. In seinem engsten Umfeld gibt es keine abweichenden Positionen. »
Die Opposition wiederum kann sich gemäss Goetschel keine Zukunft mit Assad vorstellen. Erschwerend käme hinzu, dass innerhalb der Nationalen Koalition nicht klar sei, wer wen vertrete: «Die Koalition ist eine Art fiktive Regierung im Exil. Ihre Exponenten leben in Beirut, Istanbul, Paris, Kairo oder Stockholm. Sie sehen sich als Vertreter der Syrer, doch ihre Legitimationsbasis innerhalb Syriens ist höchst unklar.»
Westen als Teil des Problems
Für Goetschel ist die Unterstützung, die die syrische Opposition gleich nach Ausbruch des Bürgerkriegs vom Westen erfuhr, Teil des Problems: «Die Opposition hat sich sehr schnell konstituiert und erhielt von zahlreichen Ländern Anerkennung, obschon sie als Vertreter der Syrer nie legitimiert wurde und sich mehr und mehr zu einer äussert heterogenen Gruppe entwickelte.»
Auch die Schweiz hat ihre Botschaft in Damaskus relativ schnell geschlossen. «Nun kann die Schweiz ihre Botschaft nicht mehr öffnen, weil ein solcher Schritt als Unterstützung des aktuellen Regimes angesehen werden könnte,» so Goetschel.